Die Frage der Woche
Die naheliegende Antwort auf die Frage der Woche ist natürlich: Das bleibt jedem selbst überlassen. Aber ist es so einfach? Vom Schriftsteller Thomas Bernhard ist überliefert, dass er, als er erkannte, wie leicht ihm das Schreiben von Gedichten fällt, beschloss: Von nun an nur noch Prosa. Widerstände überwinden, den schwereren Weg gehen, gegen die Neigung der persönlichen Schwerkraft antreten: Das soll ein Urlaubsprogramm sein? Ja.
Das Faulenzen mag zwar ein diffuses Ferienideal sein – doch es gelingt nicht einfach so. Mehr noch: Es scheitert oft. Denn wir sind konditioniert auf Effizienz, Erlebnismuster und soziales Verhalten. Urlaubszeit ist knapp – der Impuls, die Zeit auszukosten, sich ein Polster an Eindrücken, Fotos, Souvenirs und Erzählenswertem anzufuttern, ist stark. Aber Nichtstun bedeutet: Ferientage nicht füllen und „verbringen“, sondern so leer räumen, dass sie groß werden. Nichtstun heißt eben nicht zwangsläufig Delirium in der Strandbar, Dauerdösen oder Sonnenbad mit dem neuen Walser. Nichtstun im Urlaub könnte eher dies sein: Das Ungeheuer Urlaub auf sich zukommen lassen, an JetSki und Tagesausflug vorbeigehen, sich irgendwohin treiben lassen bis zu einem Punkt, an dem man den eigenen Atem plötzlich wahrnimmt und vielleicht den Geruch von Pinien an einer Bushaltestelle, an der kein Bus fährt. Dazu braucht es kein Yoga mit Gabi um 11 Uhr am Pool und keine Meditation mit Tom auf dem Sunset-Roof. Nichtstun ist nicht passiv. Es ist auch keine Füllmasse zwischen Programmpunkten. Es ist eine Haltung. Mitzuerleben, wie lange es dauert, bis ein Tag verdunstet und wie die Schatten dabei wandern und wie ewig kein Wind geht. Wie tief die Muster einer Hängematte sich eingraben können in die Haut – mit der Zeit.