Foodwatch: Kunden erfahren oft zu spät von Rückrufen
Unternehmen, Behörden und der Handel tun aus Sicht von Verbraucherschützern nicht genug, um Konsumenten zu schützen
Berlin Fipronil im Ei, Metallstücke im Keks, Salmonellen im Fleisch: Hunderte Male wurden in den vergangenen Jahren Lebensmittel zurückgerufen. Verbraucherschützern zufolge läuft dabei aber längst nicht alles rund. Zwar riefen Hersteller nach Angaben der Organisation Foodwatch heutzutage „viel häufiger ihre Produkte zurück“als noch vor einigen Jahren. Dennoch könnten Konsumenten „nicht sicher sein, dass im Fall der Fälle wirklich ein Rückruf gestartet wird und vor allem, dass sie davon auch erfahren“, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker bei der Vorstellung des Reports „Um Rückruf wird gebeten“. Die Öffentlichkeit werde nicht immer über Rückrufe informiert, teils mit Wissen der Behörden. „Das ist ein handfester Skandal“, betonte Rücker.
Hersteller, Händler und Behörden würden „bei weitem nicht alles“unternehmen, um die Verbraucher vor gesundheitsgefährdenden Produkten schnell und klar zu warnen, beklagte Foodwatch. Manche Warnungen würden nur versteckt und auf ausgesuchten Kanälen verbreitet. Außerdem würden die Risiken „zum Teil sprachlich verharmlost“.
Foodwatch forderte Supermärkte deshalb auf, künftig „an zentraler Stelle über alle Rückrufaktionen aus ihrem Sortiment zu informieren“– nicht nur mit Aushängen in ihren Märkten, sondern auch in Newslettern und den sozialen Medien.
Das 2011 von Bund und Ländern als zentrales Informationsangebot gestartete Portal lebensmittelwarnung.de bezeichnete Foodwatch als „gescheitert“. Fast jede zweite der gut 90 für den Report untersuchten Warnungen gelangte mit Verspätung auf die Seite, es geht um Tage und in Einzelfällen Wochen. So erfuhren Verbraucher laut Foodwatch erst vier Tage nach dem Rückruf eines Säuglingstees durch den Hersteller auf dem Portal davon.
Insgesamt wurden in den vergangenen fünf Jahren mehr als 500 Lebensmittel zurückgerufen, das sind im Schnitt zwei pro Woche. Nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gingen die meisten Fälle (38 Prozent) auf mikrobiologische Verunreinigungen zurück, etwa eine Belastung durch Salmonellen oder Listerien. In 27 Prozent der Fälle waren Fremdkörper wie Glasstücke oder Plastikteile in den Produkten der Grund für den Rückruf der Ware.
Der Branchenverband BLL erklärte, die Lebensmittelkontrollen der Hersteller funktionierten „einwandfrei“. Es liege im eigenen Interesse der Hersteller, keine gesundheitsschädlichen Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Dabei gehe die Sicherheit der Verbraucher „immer vor wirtschaftlichem Interesse“. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zeigte sich selbstkritischer. Der CSU-Politiker betonte: „Die Erfahrungen der letzten Wochen zeigen: Beim Thema Verbraucherinformation können wir noch besser und vor allem schneller werden.“Warum es sich Foodwatch zu einfach macht, schreibt Sarah Schierack im Kommentar.