So war er, der Holzbaur Erwin ...
Der Künstler, Lehrer und Mindelheimer wäre heuer 90 Jahre alt geworden. Viele Menschen haben ihre ganz eigenen Erinnerungen an ihn – ein paar davon haben sie uns erzählt
Mindelheim Erwin Holzbaur hätte in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag gefeiert. Zu diesem „Runden“haben wir unsere Leser gefragt, an welche Begebenheiten sie sich erinnern. Die Zuschriften ergeben ein buntes Bild des Mindelheimer Künstlers, Lehrers und Multitalents – aber lesen Sie selbst ...
● Der Museumsexperte Peter Hartmann erinnert sich noch gut daran, als er 1963 das damals einzige Mindelheimer Museum besuchte – als Einziger an diesem Sonntagvormittag. „Dann kam er. Langsam ging er auf mich zu, reichte mir die Hand, wobei er eigentlich seine Hand nur in die meine hineinlegte. Er wirkte lappig, seine Kleidung war schwarz, aber nicht gerade ansprechend. Eher ungepflegt“, schreibt Hartmann. Er habe lange mit sich gerungen: Es war ihm klar, er müsse diesem „armen Mann“ein Trinkgeld geben – doch wie viel? Sein eigenes Einkommen war sehr schmal, eigentlich hatten er und seine Familie keinen Pfennig übrig.
Am Ende der Führung gab er Holzbaur zwei Mark. „Noi, noi, dös braucht’s it“, entgegnete dieser. „Sie hand ja unda scho zahlt.“So ging es hin und her – bis Holzbaur beschloss „nau dumr’s halt opfra“und Hartmanns hart verdientes Geld in eine Dose steckte. Als Hartmann am nächsten Tag seinen Arbeitskollegen davon erzählte, begannen diese zu lachen. „Der verdient das Dreifache von Ihnen und ist nicht verheiratet“, sagten sie. Diese Geschichte hat Hartmann auch bei seiner Verabschiedung im Silvestersaal erzählt – dabei waren unter anderem auch Erwin Holzbaur und dessen spätere Ehefrau Johanna.
● Der Künstler Franz Bisle aus Loppenhausen erinnert sich an Bauarbeiten an der Grundschule in den Sechziger Jahren. Im Juli 1964 malte Holzbaur auf der Rückseite des Schulgangs ein Gemälde. Nach der Grumet-Ernte ging Bisle zu Holzbaur, der ihm das Bild erklärte: Kindheit, Jugend, Arbeitsleben und Alter. „Seitdem war ich ein Fan von Holzbaur und besuchte öfters Lesungen von ihm“, schreibt Bisle. „Sie waren oft besser als vom Autor.“
● Der Mindelheimer Die Mindelheimerin Olli Hirle hat Erwin Holzbaur zu seinem 70. Geburtstag einen Brief geschrieben, in dem sie ihn charakterisiert – natürlich auf gut Schwäbisch. Bei ein paar Auszügen daraus wird so mancher Erwin Holzbaur wiederkennen: „Wenn ma en dr Schtadt oin laufa sieht, deams meischtend preisiert, der a groaßa schwata Mappa schleift, en greana Kotza ahaut und auf em Kopf a schwaza Kappa trait, dann bischt des Du Erwin. Ischs’ kalt, hauscht dia Kappa bis zur Nes henna. Hauscht dei Johanna drbei, nau lauft’s meischtens henter dir her, weil sa Dei Tempo it mithalta ka. (...) Dann gibt’s no a Femina, mit der beschäftigscht Dia am meischta, schtondalang, tagelang, ja a ganz Leabalang bischt bei der, weil Du dia ganz oifach geara magscht, des isch Dei Schtadt, des isch Dei Mendelhoi. Drum mias i allweil dei Johanna bewundra, dass dia dau it eifersichtig oder diamaul au narrad isch, aufs Museum und s’Archiv und s’Archiv und Museum. (...) Fir des, was Du fir d’Kultur, fir d’Schtadt, fir d’Kircha doa hauscht, bischt du mit Ehrunga und Auszeichnunga verseaha woara. Dättascht alla Zeichala a’schtecka, breichtascht en Bruschtkorb wia a russischer General. (...) Mit Deina Bilder, dia Du a leabalang gschaffa hauscht, bischt Du fir uns Mendelhoimer so a MiniMichelangelo.“
● Der Mitschüler Regelmäßig hat Erwin Holzbaur die Einladungen zu den Klassentreffen gestaltet. Anni Mair aus Mindelheim hat einige gesammelt, darunter auch die Einladung für das Treffen im Herbst 1967
● Der Lehrer Richard Döbele, der jetzt in München wohnt, war von 1966 bis 1975 Schüler des Kunstleh- rers Holzbaur. Unvergessen ist ihm dessen Spruch, wenn ein Schüler ein „Kunstwerk“abgeliefert hatte: „Wunderbar! Gleich das nächste!“
Welcher Glücksgriff für die Schule Erwin Holzbaur sein sollte, war bei seinem Vorstellungsgespräch am Maristenkolleg nicht klar – wie uns Erich Nierlich aus Mindelheim schilderte. Holzbaur hatte ihm und anderen Kunstfreunden erzählt, wie er sich nach dem Studium um die freie Stelle in seiner Heimatstadt beworben hatte. „Ich will es mit Ihnen versuchen. Sollten Sie aber versagen und nicht den Erwartungen entsprechen, werfe ich Sie auf der Stelle hinaus“, hatte ihm Oberstudiendirektor Dr. Anton Metzger prophezeit. So weit kam es nie. Bis heute prägen Holzbaur und seine Arbeiten die Schule. Auch bei Heimatdichter Manfred Kraus hat der Kunstlehrer Spuren hinterlassen. Er hat ihm das Gedicht „Mei Zeichalehr“gewidmet, in dem er sich an seine Schulzeit in den Siebziger Jahren und den „authentischen Anwalt der Kunst, der Kinder und der Mundart“erinnert und in das auch Sätze Holzbaurs eingeflochten sind:
Mischa, mischa, kraisa, riahra, du muasch d’ Farb em Bemsl gschpiara … Blaugat haut mei Zeichalehr sa det gwieß mit mir Bua, vergelts Gott sag i eahm heit für sei Kraft, sei Ruah, er isch bei deana, wo mer ebbas auf da Weag hand geah, a schtller Groaßer isch dr Holzbaur Erwin gweah.
Mischa, mischa, kraisa, riahra, a Gmiatsmensch voola Gfiehl, mit Heaz ond Hiara, kahsch eahn z’ Mendlhoi an alla Ecka gschpiara … Die Sonderausstellung „Erwin Holzbaur. Mindelheimer. Macher. Multitalent“ist von 15. September bis 12. April im Heimatmuseum in der Hauberstraße 2 in Mindelheim zu sehen. Geöffnet ist das Museum donnerstags von 14 bis 17 Uhr, jeden zweiten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Die Ausstellungseröff nung samt Festakt zum 90. Geburtstag von Erwin Holzbaur findet am Donners tag, 14. September, statt. Beginn ist um 19 Uhr in der Stadtpfarrkirche St. Ste phan.