Der Davis-Cup hat Staub angesetzt
Das Wesen der Einzeldisziplin ist der Solist. Sitzt allein auf dem Pferd, ficht allein auf der Planche, kämpft allein auf dem Court. Wenn es schlecht läuft, muss er selbst sehen, wie er aus dem Loch kommt. Kein Team, das ihm hilft. Er selbst ist das Team und der dazugehörige Geist. Die Niederlage gehört ihm ganz allein – aber auch der Triumph. Nichts spricht dafür, die Solisten klassischer Einzeldisziplinen künstlich zusammenzuspannen. Trotzdem sind die meisten Sportarten der Versuchung erlegen. Also gibt es bei den Reitern Mannschaftswertungen, obwohl nie mehr als einer auf dem Pferd sitzt, bei den Skispringern, wo sich allein der Tandem-Sprung aus Sicherheitsgründen verbietet, oder im Tennis, wo zwar Doppel gespielt wird, für eine Mannschaft aber der Platz nicht reicht.
Dennoch wollten Reiter, Skispringer und viele andere Einzelsportler auch ein bisschen Mannschaftssportler sein. Am allermeisten die Tennisspieler. Sie versammeln sich jedes Jahr weltweit um den Davis-Cup – den Namen hat 1900 der Amerikaner James Davis spendiert – und erwecken den Eindruck als pflegten sie Mannschaftssport.
Für die Zuschauer kann das unterhaltend sein, vorausgesetzt, die besten Tennis-Söhne des Landes greifen zum Schläger, wie das von 1985 bis 1995 in den Duellen mit Schweden und den USA der Fall war. Davon und vom künstlich befruchteten Teamgeist ist heute nichts mehr geblieben. Alexander und Mischa Zverev sowie Philipp Kohlschreiber, die drei besten Deutschen, haben sich für das Abstiegsduell gegen Portugal entschuldigen lassen. Viel zu tun zuletzt. Irgendwann muss auch mal Ruhe sein. Günstig ist dann ein DavisCup-Wochenende. Beine hoch und schauen, wie das B-Team mit Struff, Stebe, Hanfmann und Pütz Teamgeist pflegt.
Wenn wieder etwas zu verdienen ist, kehren die Stars auf die Courts zurück. Das ist woanders genauso. Nur zwei Top-Ten-Profis weltweit haben an diesem Wochenende Lust auf Davis-Cup. Da hilft es auch nichts, eine Nationalmannschaft auszurufen. Die Herrschaften bleiben Einzelunternehmer.
Auf diese Weise versinkt der Davis-Cup weiter in der Bedeutungslosigkeit. Zu Recht! Er ist aus der Zeit gefallen. Die großen Turniere allein bestimmen den Tennis-Kalender. Daran ändern auch die alten Helden nichts, die den Wettbewerb auf seinem grauen Weg begleiten. Der Deutsche Tennis-Bund hat Boris Becker aufgeboten. Boris ist jetzt Head of Men’s Tennis. Ein Ehrentitel, der ihm helfen soll, den Davis-Cup aufzuhübschen. Ohne Teamgeist wird ihm das nicht gelingen.