Worauf warten wir?
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht“. Ich nehme an, dass nicht viele Wahlbürger dieser Tage unter diesem Ärger Heinrich Heines leiden; dennoch haben wir allen Grund, ernsthaft über die Zukunft, über unser Wohl und Weh, nicht tränenerstickt jammernd, sondern zuversichtlich hoffend, nachzudenken. Zwar sind die Missstände in unserem Land groß. Schuld daran sind immer die anderen: Da sind die gewissenslosen Manager, die unfähigen Politiker, die machtverliebten Gewerkschaftler … Nur wir nicht. Wir wissen zwar, dass es so nicht weitergeht, aber wir sind auch zufrieden, wenn sich nur ja nichts ändert. Denn um zu verändern, müssen wir etwas aufgeben.
Doch wie peinlich vermeiden wir alles, was nach Zuversicht aussehen könnte. „Das hat sowieso keinen Zweck“, heißt es. Und: „Nie und nimmer klappt das. Das kann gar nicht funktionieren.“Als wäre unser hart erkämpftes Menschenrecht, das Schlimmste befürchten zu dürfen und ans Misslingen zu glauben. Dem erfahrenen Benediktinerabtprimas Notker Wolf fallen in Gedanken an Deutschland auch aussterbende Klöster ein. Neues Leben kann dann nur von außen kommen.
Er erzählt von einem Kloster vor der südfranzösischen Küste. Auf fünf alte Mönche, die treu ihre Regel befolgten, allerdings jeder für sich, war die Gemeinschaft zusammengeschrumpft. Zeitlebens zum Schweigen angehalten, hatten sie den Kontakt zueinander verloren … Dann zogen drei junge Männer aus einer modernen Gemeinschaft ein. Sie brachten in die alten Mauern ein solches Leben, dass junge Menschen dort ihre Ideale verwirklicht fanden. Sie erlebten die Freude an der eigenen Berufung und die Befriedigung, die ihre Arbeit ihnen verschaffte. Vor allem aber: man lebte nun nicht mehr aneinander vorbei. Fünfzehn Jahre später blüht diese Gemeinschaft.
Worauf warten wir? Nur Realisten sind auf Dauer Optimisten!