Erpresser könnte weitere Lebensmittel vergiften
Die Polizei fürchtet, dass der Täter seine Millionen-Forderung bekräftigen will
Friedrichshafen Wer ist der Supermarkterpresser vom Bodensee? Entweder sei er ein skrupelloser, eiskalter Verbrecher ohne Mitgefühl, sagte Isabella Heuser-Collier, Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité, gestern. „Oder er genießt es einfach, im Mittelpunkt zu stehen und die ganze Republik in Aufregung zu versetzen.“Ein Psychopath oder ein Narzisst also.
Noch immer gibt der gesuchte Erpresser der Polizei Rätsel auf. Sie fahndet mit Bildern einer Überwachungskamera nach einem älteren Mann mit Brille, in Lederjacke und mit weißer Stoffmütze. Laut Polizei wurden Mitte September fünf ver- Produkte in Gläschen in fünf Einkaufsmärkten in Friedrichshafen gefunden. Die Öffentlichkeit wurde zwei Wochen später informiert. Da alle fünf vom Täter beschriebenen Gläschen rasch sichergestellt wurden, habe zunächst keine Gefahr bestanden, sagte ein Polizeisprecher. In den kommenden Tagen aber müsse man befürchten, dass weitere vergiftete Produkte auftauchten. Eine Gefährdung der Öffentlichkeit sei nun nicht mehr auszuschließen.
Bei der Polizei – der Sonderkommission „Apfel“gehören 220 Beamte an – sind mittlerweile hunderte Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Diese seien von recht unterschiedlicher Qualität, sagte ein Polizeisprecher. Ein Hinweis führte die Ermittler gestern ins niedersächsische Peine. Dort hatten Angestellte eines Drogeriemarktes einen Mann beobachtet, der dem mutmaßlichen Erpresser sehr ähnlich gesehen habe. Der Mann konnte vor Eintreffen der Beamten das Geschäft verlassen. Eine Auswertung des Videomaterials und „intensive Spurensuche“haben nach Angaben der Polizei ergeben, dass der Verdächtige keine Lebensmittel im Gegiftete schäft vergiftet hat. „Er hat eingekauft“, sagte ein Polizeisprecher.
Der Tatverdächtige will eine zweistellige Millionensumme von den Handelsketten erpressen. Die Polizei ging am Freitag davon aus, alle bisher vergifteten Gläser entdeckt zu haben. Das Gift Ethylenglycol sei in Babynahrung eingerührt worden. Beim Verzehr drohten „sehr ernsthafte Gesundheitsgefahren bis hin zum Tod“. Die Drohung des Erpressers umfasse aber nicht nur Babynahrung, sondern 20 verschiedene Lebensmittel. Es gebe aber keinen Grund zur Panik. Geschäfte in der Bodensee-Region erklärten, dass sie ihre Bestände genauestens prüfen.