Nordirak: Kurden Chef tritt ab
Barsani hat sich schwer verkalkuliert
Erbil Nach dem Rückschlag im Kampf um einen unabhängigen Kurdenstaat will sich der Präsident der irakischen Minderheit zurückziehen. Massud Barsani werde nach Ablauf seines Mandats am 1. November vom höchsten Posten der Autonomieregion im Nordirak abtreten und keine Verlängerung anstreben. Er selbst werde der „Nation“als Peschmerga-Kämpfer erhalten bleiben, heißt es in einem Brief, der am Sonntag im Regionalparlament in Erbil verlesen wurde.
Barsani hatte sich mit dem Abhalten eines Unabhängigkeitsreferendums der irakischen Kurden verkalkuliert. Er hatte trotz interner Widerstände die Kurden am 25. September über die Unabhängigkeit abstimmen lassen. Sie votierten praktisch geschlossen für die Abspaltung von Bagdad. Daraufhin startete die irakische Zentralregierung eine Militäroffensive, bei der sie den Kurden praktisch alle Gebiete außerhalb der Autonomieregion abnahm.
Nach Barsanis Rücktrittsankündigung einigten sich die Abgeordneten in einer geheimen Sitzung in Erbil darauf, die Macht Barsanis zunächst auf Parlament, Regierung und Justiz der Autonomieregion zu verteilen. Zeitweilig musste die Diskussion wegen großer Spannungen zwischen den Fraktionen unterbrochen werden. Berichten zufolge kochten auch außerhalb des Abgeordnetenhauses die Emotionen hoch. Dutzende Demonstranten hätten einen Teil des Parlaments gestürmt und Slogans gegen Gegner Barsanis gerufen. Menschen mit Knüppeln und Steinen versammelten sich vor der Volksvertretung. Sie schlugen dort wartende Journalisten, wie mehrere Medien und Parlamentarier berichteten. Sicherheitskräfte feuerten Warnschüsse in die Luft, wie Augenzeugen berichteten.