Große Show mit kleinen Bällen
Sechs internationale Stars der Zunft bieten den Zuschauern in Mindelheim einen spektakulären Abend – ohne den momentan besten deutschen Spieler. Der sagte kurzfristig ab
Mindelheim Was hätte dieser Abend nicht alles beinhalten können, hätte sich Dimitrji Ovtcharov nicht kurzfristig vom Leipold-Supercup wegen einer Zerrung abgemeldet: Nicht nur, dass Ovtcharov der derzeit beste deutsche Spieler im Tischtennis-Weltzirkus ist (aktueller Weltranglistenplatz 3). In diesem Jahr hat er in beinahe allen wichtigen Finals seinen Freund und Nationalmannschaftskollegen Timo Boll besiegt. Sei es das ChampionsLeague-Finale, das Finale der China Open, das Finale im World Cup in Lüttich oder am vergangenen Sonntag das Endspiel der German Open in Magdeburg. Die rund 400 Zuschauer in Mindelheim hätten sicher gerne das Duell der beiden besten deutschen Spieler – Boll gegen Ovtcharov – gesehen.
Doch der Muskel zwickte beim 29-jährigen Ovtcharov, der seine Turnierteilnahme also absagte. „Das ist schade, schließlich haben wir ja alles an den beiden aufgezogen“, sagte Roland Arnold von der Tischtennisabteilung des TSV Mindelheim. Die war Gastgeber für das Spektakel, zu dem neben Timo Boll auch die beiden schwedischen Altstars Jan-Ove Waldner und Jörgen Persson sowie Stefan Fegerl (Österreich), Petr Korbel (Tschechien) und – als Ovtcharov-Ersatz – Aleksandar Karakasevic aus Serbien antraten.
Auch wenn die Ovtcharov-Absage schmerzt, die Zuschauer kommen dennoch auf ihre Kosten. Für die beste Show sorgt der mittlerweile 52-jährige Jan-Ove Waldner. Er, den sie wegen seines variablen und technisch versierten Spiels einst „Mozart“genannt haben, weiß um seine Rolle bei dieser Turnierserie: Sportlich hat er das Nachsehen gegen die jüngeren Topspieler, also bietet er den Fans etwas für das Auge – und die Lachmuskeln. Da wird das Gestöhne der Tennisprofis die Schippe genommen, da werden die Spieltische kurzerhand so verschoben, dass der Ball doch noch die Platte trifft, da wird außerhalb der Banden gespielt und sogar mal kurz in das Parallelspiel eingegriffen. Echtes Tischtennis-Entertainment eben. Jörgen Persson steht dem kaum nach. Er kokettiert mit dem Alter, mimt den Senior „mit Rücken“.
Für das sportlich hochklassige Tischtennis sind an diesem Abend die Jungen zuständig: Timo Boll gewinnt seine Vorrundenspiele gegen Jan-Ove Waldner und Stefan Fegerl glatt in drei Sätzen. Zwar macht er im Spiel gegen Waldner auch jeden Spaß mit, doch das Entertainment liegt dem 36-jährigen Hessen mit dem Perfekter-Schwiegersohn-Lächeln nicht so ganz. Er ist doch noch einer, der gewinnen will.
Und es dann auch kann. Schön zu sehen im Finale gegen den ebenfalls stark spielenden Aleksandar Karakasevic. Um die Dramatik etwas zu erhöhen darf die Nummer 119 der Weltrangliste nach drei Sätzen mit 2:1 führen, ehe Boll die Zügel anzieht. Wenn er ernst macht, dann sind seine Angaben kaum zu returauf nieren. Zwar gelingen auch Karakasevic in den folgenden beiden Sätzen immer mal wieder schöne Punkte, doch am Ende heißt der Sieger Timo Boll. Mit 12:10, 8:11, 7:11, 11:7 und 11:4 entscheidet er das Duell der beiden Linkshänder für sich und nimmt den Pokal von Roland Arnold unter großem Applaus in Empfang. Natürlich mit seinem bekannten Lächeln auf den Lippen. Bei uns im Internet
Weitere Bilder vom Tischtennis Super cup in Mindelheim gibt es unter mindelheimer zeitung.de/bilder