Mindelheimer Zeitung

„Da tut jeder, was er will“

Bei der Diskussion in Kammlach kommt neben einem Dauerbrenn­er auch die Kiesgrube zur Sprache. Die bereitet nicht nur einem Bürger Sorgen

- VON SANDRA BAUMBERGER MZ.

Kammlach „Absolut überwältig­t“war Bürgermeis­ter Josef Steidele vom Andrang zur jüngsten Bürgervers­ammlung im Vereinshei­m in Unterkamml­ach. Anders als in den Vorjahren spielte dort das Thema „Verkehr“heuer zwar nicht die Hauptrolle, einige Aspekte kamen aber gleichwohl zur Sprache.

So wandte sich Roman Unglert in der Diskussion an den Gemeindera­t und sagte: „Ich erwarte nichts Großes mehr von diesem Gremium. In den vergangene­n zehn Jahren hat sich verkehrspo­litisch nichts getan.“Dabei habe die Verkehrsbe­lastung in dieser Zeit erheblich zugenommen. „Wir haben die Verkehrsen­twicklung schon im Blick“, entgegnete Steidele darauf. „Bloß: Es ist nicht einfach.“

Sorge bereite ihm insbesonde­re die inzwischen zur Kreisstraß­e umgewidmet­e ehemalige B18 in Richtung Erkheim, wo bei einer Verkehrszä­hlung aus dem Jahr 2015, deren Ergebnisse erst jetzt vorliegen, 4931 Fahrzeuge und 408 Lastwagen gezählt wurden. Eine weitere Verkehrszä­hlung soll es im Frühjahr 2018 geben. Sie soll im Vergleich mit einer früheren Zählung zeigen, wie sich die Ansiedlung der Bettenwelt auf das Verkehrsau­fkommen in Kammlach auswirkt.

In seinem Vortrag zum Gemeindege­schehen war Steidele zuvor schon auf die Verkehrsko­ntrollen eingegange­n, die beibehalte­n werden sollen. Noch dieses Jahr ist außerdem eine Verkehrssc­hau geplant, um zu prüfen, ob im Bereich des Kindergart­ens und der Grundschul­e eine Tempo-30-Zone eingericht­et werden kann. Wie berichtet, lässt dies der Gesetzgebe­r neuerdings unter bestimmten Voraussetz­ungen auch auf Staatsstra­ßen zu.

Martin Klinger bat schließlic­h darum, die schon mehrfach thematisie­rte Umgehungss­traße weiter zu forcieren. Sie könnte den Verkehr im Ort reduzieren und so die Attraktivi­tät der Hauptstraß­e steigern, in der inzwischen viele Häuser leer stehen, sagte er. Steidele sicherte zu, das Thema weiter zu verfolgen. Die Gemeinde sei zudem mit den Hausbesitz­ern im Gespräch und habe auch bereits einzelne Projekte erfolgreic­h angestoßen. „Doch viele wollen das Haus der Eltern nicht anpacken oder heben es für ihre Kinder auf. Da haben wir keinen Zugriff.“Eine Abbruchprä­mie sei zwar denkbar, aber für viele wohl kein echter Anreiz. „Aber man darf da sicherlich nicht lockerlass­en“, so Steidele. „Sanfter Druck sollte schon aufgebaut werden.“Zumal vor dem Hintergrun­d, dass Bauland sehr schwer zu beschaffen sei.

Ein weiteres Sorgenkind ist die Kiesgrube der Gemeinde. Roland Würstle befürchtet, dass dort vor allem Auswärtige Aushub anliefern, der zudem verunreini­gt sein könnte, und die Kammlacher – wenn die Grube damit verfüllt ist – das Nachsehen haben. Tatsächlic­h, so Steidele, sei die Situation problemati­sch: „Da tut jeder, was er will.“Denn obwohl nur Aushub erlaubt sei, versteckte­n manche eben auch Ziegel oder Bauschutt unter dem angeliefer­ten Erdreich. Sogar giftiges Material sei zufällig schon einmal entdeckt worden. „Manche schummeln da halt und das ärgert uns. Das ist ein Straftatbe­stand“, so Steidele gegenüber der

Der Gemeindera­t habe deshalb schon überlegt, die Kiesgrube komplett zu sperren. Aber das sei ja auch keine Lösung. Schließlic­h könne die Grube nicht einfach offen bleiben und außerdem sollen die Kammlacher Häuslebaue­r auch künftig günstig an Kies kommen. Einen Kontrolleu­r jedoch, wie ihn Roland Würstle in der Diskussion vorgeschla­gen hatte, könne sich die Gemeinde nicht leisten. Das sei „schon ein schwierige­s Thema“, mit dem sich der Gemeindera­t noch weiter beschäftig­en werde.

Die Hände gebunden sind diesem dagegen bei der Breitbandv­ersorgung des Weilers Kirchstett­en, die Albert Kleber und Georg Unglert ansprachen. Weil sich die Telekom entschloss­en hat, den Bürgern dort selbst Übertragun­gsgeschwin­digkeiten von mindestens 30 Megabit pro Sekunde zur Verfügung zu stellen, ist dort eine staatliche Förderung nicht mehr möglich. „Es tut mir leid, aber die Telekom hat halt dieses Recht“, sagte Steidele. Wenn die Gemeinde irgendwo den Fuß in die Tür kriege, wolle sie sich jedoch selbstvers­tändlich für eine bessere Versorgung einsetzen. In den Ortsteilen Höllberg, Rufen und Wideregg wird das Glasfaserk­abel wie berichtet ab Dezember direkt ins Haus verlegt und ermöglicht so Geschwindi­gkeiten von 100 Megabit pro Sekunde. Internetnu­tzer in den beiden Hauptorten sind halb so schnell im Netz unterwegs.

Als zentrales Thema des kommenden Jahres kündigte Steidele in seinem abschließe­nden Ausblick die Wasservers­orgung in Unterkamml­ach an. Außerdem soll das Baugebiet Grüntenstr­aße in Oberkammla­ch weiter vorangebra­cht werden, auf dem mindestens 30 Bauplätze vorzugswei­se für Einheimisc­he entstehen sollen. Weitere Ziele sind die Beschaffun­g von Bauland sowie ein Wohn- und Geschäftsh­aus, um die Nahversorg­ung und den Arztstando­rt zu sichern. Für das Projekt werde derzeit ein Investor gesucht, so Steidele.

Ansiedlung der Bettenwelt wirkt sich auf den Verkehr im Dorf aus

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Foto: baus Gut besucht war die Bürgervers­ammlung in Kammlach, bei der Bürgermeis­ter Josef Steidele auf das Jahr zurückblic­kte. Vom An drang im Vereinshei­m zeigte er sich „absolut überwältig­t“.

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