Gericht stochert im Rauch
In einem Keller eines Wohnhauses wurde ein Wäschekorb angezündet. Der Täter war schnell ausgemacht, aber bei der Verhandlung stehen dann doch Zweifel im Raum
Memmingen/Türkheim Nicht zu beneiden sind Richter Nicolai Braun und seine beiden Schöffinnen. Sie sollen nach vier Jahren herausfinden, was sich am Abend des 23. November 2013 in einem Haus in Türkheim zugetragen hat. Fest steht, dass dort im Keller ein Wäschekorb gebrannt hat und vermutlich angezündet wurde.
Alles andere ist nebulös wie die Verhältnisse im Haus nach dem Brand. Und die Zeugen sind zum Teil auch keine große Hilfe, die Angaben sind nach dem langen Zeitraum zum Teil vage, zum Teil können sie sich nicht mehr erinnern und der 40-jährige Angeklagte schweigt.
Nach dem ersten Verhandlungstag scheint Folgendes festzustehen: Am 23. November 2013 bemerken Anwohner gegen 20 Uhr Rauch im Treppenhaus und finden schnell die Ursache. In einem Keller brennt ein Wäschekorb, in einem anderen Raum stellt die Polizei später fest, dass versucht wurde, einen Schrank anzuzünden. Die Flammen werden von einem beherzten Mitbewohner schnell gelöscht. Die Feuerwehr braucht nur noch mit einem Spezialgerät den Hausgang vom Qualm zu befreien.
Einem Polizeibeamten fällt am Tatort der spätere Zeuge auf, der auf ihn „nervös“gewirkt habe. Eine spätere Untersuchung ergab mindestens 1,4 Promille. Dieser habe ihm erzählt, dass er schon vorher am Tatort zusammen mit dem Angeklagten gewesen sei. Er sei zu dem Haus gegangen, weil er „Geld eintreiben“wollte. Während er oben an der Tür versucht habe, in die Wohnung des Kumpels zu gelangen, sei der Angeklagte verschwunden und nach zehn Minuten zurückgekommen. Er habe gesagt, man müsse verschwinden, weil er im Keller einen Brand gelegt habe.
Aussage des Polizisten bestätigt der Zeuge dann auch selbst. Er habe den Angeklagten in einem Türkheimer Lokal getroffen. Als er dann weggehen wollte, um das Geld einzutreiben, sei der Angeklagte einfach mitgekommen. Und dann sei es so gelaufen, wie er es der Polizei gesagt habe. Beide hätten das Haus verlassen und seien zu dem Lokal zurückgekehrt. Der Zeuge wurde in Handschellen aus der Justizvollzugsanstalt vorgeführt, da er gerade wegen eines größeren Rauschgiftdelikts sitzt.
Damit scheint der Fall gelöst zu sein, denn der 40-jährige Angeklagte hat auch noch die passende Vorgeschichte dazu.
Dieser hatte Anfang 2000 die Polizei auf Trab gehalten und in Türkheim, Bad Wörishofen und Kaufbeuren wahllos in Wohn- und Geschäftshäusern Brände gelegt. Er begründete dies bei seiner Verhandlung damals mit der Trennung von seiner Frau sowie massiven Alkoholproblemen. Dabei ergab sich ein dubioses Bild, nach dem Brandlegen half er dann auch bei der Evakuierung des Hauses.
Er bekam schließlich eine Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Weiter wurde eine Therapie angeordnet.
Pech hatte der Angeklagte in der anschließenden Haft. Bei Außenarbeiten erlitt er eine schwere Handverletzung, mehrere Nervenstränge wurden durchtrennt, sodass er sich während der Haft und auch danach mehreren Operationen unterziehen musste.
Demnächst stehe schon wieder eine OP an, wahrscheinlich müsse man die Hand versteifen. Ansonsten sah sich der Angeklagte geläutert, gehe geregelter Arbeit nach und habe eine neue glückliche Beziehung begonnen.
Auch die angeordnete Bewährung sei abgelaufen. Alkohol spiele in seiDie nem Leben keine große Rolle mehr. Weiter sei er im Vereinsleben gut integriert.
Die Zeugen waren nicht immer wirklich für die Wahrheitsfindung hilfreich. Zum Teil konnten sie sich – was nach der langen Zeit auch kein Wunder war – nicht mehr richtig erinnern, zum Teil konnten sie nur berichten, was andere ihnen erzählt hatten und einige hatte schlicht Erinnerungslücken, die auf Alkoholund Drogenkonsum zurückzuführen waren.
Dazu kam noch eine Aussage eines Wirtes, der den Angeklagten zum Zeitraum, als der Brand gelegt wurde, in seinem Lokal gesehen haben will.
Die Verhandlung wurde unterbrochen, der Angeklagte soll noch psychiatrisch begutachtet werden. Man darf gespannt sein, zu welchen Schlüssen das Gericht beim Fortsetzungstermin in der kommenden Woche kommt.