Bayerischer Arbeitsmarkt bricht wieder Rekorde
Die Zahl der Beschäftigten wächst – doch die meisten neuen Stellen sind nicht in Vollzeit. Das hat Folgen
Augsburg Der Arbeitsmarkt schafft wieder einmal, womit fast niemand gerechnet hat. Noch gestern Morgen hieß es: Die Zahl der Arbeitslosen wird leicht steigen, schließlich sei es Winter und gerade in Branchen, in denen viele Menschen draußen arbeiten – etwa auf dem Bau –, werden weniger Menschen benötigt. Doch dann meldete die Bundesagentur für Arbeit wieder Rekorde.
In Deutschland waren im November 2,368 Millionen Menschen arbeitslos. So wenige wie im November seit 1991 nicht. Die Arbeitslosenquote liegt deutschlandweit bei 5,3 Prozent. In Bayern beträgt sie 2,9 Prozent. Hier waren im November 208 500 Männer und Frauen ohne Job. Ein Minus von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das Minus sei zwar gering, „ist in einem November jedoch ungewöhnlich und daher ein Indikator für die exzellente Lage am bayerischen Arbeitsmarkt“, sagt Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit.
Die positiven Nachrichten enden damit noch nicht. Rechnet man zu den Arbeitslosen auch jene Men- schen hinzu, die sich arbeitssuchend gemeldet haben, eine Aus- oder Weiterbildung oder Trainingsmaßnahme besuchen oder in einem EinEuro-Job beschäftigt sind, ist auch diese Zahl geschrumpft. Sie liegt bei 308 481 Menschen. Ein Minus von 6,4 Prozent im Vergleich zum Okto- Dazu ist die Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zum November 2016 um 12,4 Prozent gesunken.
Außerdem ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bayern im November gewachsen und liegt jetzt bei über 5,5 Millionen – der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1974, meldet die Bundesagentur. In Schwaben sind im Vergleich zum Vorjahr rund 2,6 Prozent mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Doch bei dieser Abfolge von Rekorden gibt es ein Aber: Denn das Beschäftigungsplus heißt nicht, dass jede neue Stelle eine Vollzeitstelle ist. Betrachtet man die Beschäftigungsverhältnisse genauer, sieht man: Die Zahl der Menschen mit Teilzeitstellen ist überproportional stark gewachsen. In ganz Bayern arbeite etwa ein Viertel aller Angestellten in Teilzeit. In Schwaben sind es 26,7 Prozent, in Oberbayern 25,1 Prozent. In der Region ist die Zahl der Vollzeitstellen zwischen 2013 und 2016 um knapp fünf Prozent gewachsen. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten dagegen um 15 Prozent angestiegen. Und: Fast alle Teilzeitstellen werden von Frauen besetzt.
Wobei der Begriff Teilzeit recht schwammig ist. „Viele denken an eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden“, sagt Franziska Meyer, Pressesprecherin der Regionaldirektion Bayern. „Aber im Öffentlichen Dienst kann es sein, dass man mit 39 Stunden als Teilzeitbeschäfber. tigter gilt, weil der Tarifvertrag eine Arbeitszeit von 42 Stunden vorschreibt“, erklärt sie.
Für die Zunahme an Teilzeitstellen gibt es laut Meyer mehrere Gründe. So suchen zum einen generell mehr Frauen nach einer Stelle, zum anderen sind vermehrt Menschen im Alter zwischen 55 und 65 Jahren an Arbeit interessiert. „Diesen Gruppen kommen flexible Zeiten entgegen“, sagt sie. Gleichzeitig ergab eine Umfrage des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung, dass gerade alleinerziehende Frauen mehr arbeiten würden. Doch häufig passen die Rahmenbedingungen nicht. „Ich appelliere an Unternehmen, mit ihren Mitarbeitern zu sprechen und zu prüfen, ob eine Erweiterung der Arbeitszeit individuell möglich ist“, sagt Holtzwart.
Denn die hohe Teilzeitquote begünstigt noch etwas: Für 80000 Menschen in Bayern, davon 9500 Menschen in Schwaben, reicht der Lohn nicht zum Leben. Sie brauchen zusätzliche Leistungen aus der Grundsicherung, um sich zu finanzieren. „Und wenn eine Alleinerziehende statt 20 Stunden 28 Stunden in der Woche arbeiten kann, macht das einen finanziellen Unterschied“, gibt Meyer zu bedenken.