Am Ende schafft die Justiz Fakten
Es ist eine absurde Situation: Die Autoindustrie baut Fahrzeuge, die viel zu viel erwiesenermaßen gesundheitsschädliche Stickoxide ausstoßen, aber die Branche will sich nur defensiv an Programmen zur Luftreinhaltung beteiligen. Hier zeigt sich wiederum auf fatale Weise, wie schwachbrüstig das im Umweltschutz geltende Verursacherprinzip wirkt. So soll der Staat – also die Steuerzahler – drei Viertel der ohnehin massiv zu knapp bemessenen Milliarde für bessere Luft in den Städten aufbringen.
Dabei hat es die Autoindustrie immer noch nicht geschafft, die angesichts der Potenz der Branche überschaubare Summe von 250 Millionen Euro zu stemmen. Während VW, Daimler und BMW ihren Beitrag leisten, wehren sich ausländische Autobauer wie der französische Opel-Mutterkonzern PSA standhaft. Und das, obwohl rund 35 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Dieselautos aus dem Ausland kommen. Das ist fahrlässig, schädigen doch Stickoxide die Atemwegsorgane und führen zum Teil zu tödlichen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.
Insofern mutet das Berliner EineMilliarde-Programm ohnehin maßlos unterdimensioniert an. Es reicht nicht, städtische Fahrzeuge wie Busse und Kehrmaschinen elektrisch fahren zu lassen. Gleiches gilt für die von Autoherstellern zugesagten günstigen Software-Updates für Diesel-Stinker und Umtauschprämien für Alt-Fahrzeuge. Mit all den Maßnahmen wird es selbst bei einer optimistischen Prognose nicht gelingen, in besonders belasteten Städten wie München und Stuttgart die gesetzlich vorgeschriebenen Stickoxid- und Feinstaubwerte einzuhalten.
Am Ende könnten Gerichte die politisch Verantwortlichen zwingen, endlich mehr für die Luftreinhaltung und die Gesundheit der Bürger zu tun. In Stuttgart etwa wird immer wieder dramatisch Feinstaubalarm ausgerufen. Es gibt sogar vergünstigte Tickets für den öffentlichen Nahverkehr. Doch viel zu wenige Autofahrer steigen auf das Rad und den ÖPNV um.