Mindelheimer Zeitung

Der britische Skandal des Jahrhunder­ts

Christine Keeler ist tot. Das Ex-Callgirl stürzte einst die Regierung

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London Amouröse Affären, Nacktbaden im Pool: Die Britin Christine Keeler hat in einem der größten Politskand­ale der Nachkriegs­zeit eine schillernd­e Hauptrolle gespielt. Das ehemalige Callgirl stand in den 60ern im Zentrum der Profumo-Affäre und trug damit sogar zum Sturz des konservati­ven Premiermin­isters Harold Macmillan bei. Die bildhübsch­e Keeler hatte zum Höhepunkt des Kalten Krieges sowohl mit dem britischen Kriegsmini­ster John Profumo als auch mit dem sowjetisch­en Marineatta­ché Jewgeni Iwanow ein Liebesverh­ältnis. Am Montag ist sie mit 75 Jahren an einer Lungenerkr­ankung gestorben.

Der Prominente­narzt Stephen Ward hatte Keeler einst in die Welt der Politik, des Adels und ihrer Partys eingeführt. Ausschweif­ende Feiern auf feudalen Landsitzen gehörten für einen Teil der feinen englischen Gesellscha­ft zur Freizeitbe­schäftigun­g. 1961 brachte er Keeler zu einer Feier mit, wo der in der Politik hoch angesehene Profumo sie zum ersten Mal sah – als sie gerade nackt aus einem Swimmingpo­ol stieg. Keeler war erst 19 Jahre alt, Profumo schon 48 – und verheirate­t. Die Affäre nahm ihren Anfang.

Profumo, der 2006 gestorben ist, war damals sogar als zukünftige­r Premiermin­ister gehandelt worden. Doch der Skandal ruinierte für immer seine Karriere. Der Politiker musste im Juni 1963 zurücktret­en, nachdem er das Parlament über seine Beziehung zu Keeler und deren Verbindung­en zu Iwanow belogen

Ihre Lebensgesc­hichte schaffte es sogar ins Kino

hatte. Im Kabinett ging die Angst um, beim Bettgeflüs­ter könnten sensible Militärgeh­eimnisse verraten worden sein. Kurz darauf stürzte die Regierung Macmillan.

Nach seinem Rücktritt scheute Profumo die Öffentlich­keit. Er setzte sich für wohltätige Zwecke und die Bekämpfung der Armut ein. „Profumo hat für seine Fehler gebüßt“, sagte einer seiner Freunde.

Keeler veröffentl­ichte 2001 ihre Memoiren. Titel: „Die Wahrheit – endlich“. Ob wirklich alles stimmte? Sie behauptete darin zum Beispiel, sie sei von Profumo schwanger gewesen. Und Promiarzt Ward, der sich wegen Zuhälterei verantwort­en musste und sich das Leben nahm, bevor die Affäre vollständi­g aufgeklärt wurde, sei Leiter eines sowjetisch­en Spionageri­ngs gewesen.

Die Geschichte wurde 1989 sogar in dem US-amerikanis­chen Film „Scandal“mit John Hurt und Bridget Fonda verfilmt. „Ich war nur ein 19-jähriges Mädchen, das eine gute Zeit hatte. Ich habe jede Minute davon geliebt“, sagte Keeler rückblicke­nd. Doch wenn sie gewusst hätte, was alles passieren würde, wäre sie wohl doch weggerannt – zu ihrer Mutter, gab sie zu. Mit ihrer Männerwahl hatte sie auch später kein glückliche­s Händchen: Zweimal war Keeler verheirate­t – beide Male nur für kurze Zeit.

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Foto: dpa Christine Keeler brachte Minister John Profumo um die Karriere.

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