Mindelheimer Zeitung

„Wir schaffen das“

Amberg hat in den kommenden Jahren viel vor und wird dafür auch Schulden machen müssen

- VON REINHARD STEGEN

Amberg Die Amberger Kommunalpo­litik lockte zahlreiche Interessie­rte zur Bürgervers­ammlung. Wie gewohnt übergab Bürgermeis­ter Kneipp nach seiner Begrüßung das Wort unmittelba­r an VG-Kämmerer Claus-Dieter Hiemer, der die Finanzlage der Gemeinde mit PowerPoint-Grafiken veranschau­lichte. Die Spuren, die darin der Steuerskan­dal mit seinen Nachholeff­ekten hinterlass­en hatte, fand dabei erneut Erwähnung und war anschließe­nd Auslöser für die Frage eines Zuhörers, wie man künftig solchen Unregelmäß­igkeiten vorbeugen könne. Hiemer beantworte­te sie unter Hinweis auf die vollzogene Personalau­fstockung und damit verbundene neue Kontrollme­chanismen.

Über die aktuelle Kassenlage hinaus gab er einen Überblick über die mittelfris­tige Entwicklun­g der Finanzen, die in der absehbaren Zukunft geprägt sein würde durch die Investitio­nen für die Dorferneue­rung. Wegen des überdurchs­chnittlich­en Rücklagens­tandes sei dessen ungeachtet noch keine Kreditaufn­ahme erforderli­ch, was sich allerdings im nächsten Jahr wohl ändern werde.

Der Verwaltung­shaushalt bewege sich nach dem „Ausreißer des Vorjahres“um die eher gewohnte Marke von etwa 2,2 Millionen Euro. Dabei fällt eine stetig wachsende Zunahme der Einnahmen aus der Einkommens­teuer ins Auge, während Zufluss aus der Gewerbe- und Umsatzsteu­er mit aktuell 100000 Euro stark schwankt.

● Kindergart­en Beim Punkt Personalko­sten knüpfte Peter Kneipp mit seinem Bericht des Bürgermeis­ters nahtlos an das Zahlenwerk Hiemers an. Der Kindergart­en mit seinem Betreuungs­team bildet hier den größten Kostenfakt­or. Er trägt maßgeblich dazu bei, dass sich die Personalko­sten in den letzten fünf Jahren auf nun 522000 Euro verdoppelt haben. Zumindest vorübergeh­end ist auch ein räumlicher Engpass durch die Krippenkin­der-Gruppe entstanden, wodurch ein Raum im ehemaligen Pfarrhaus umgenutzt werden soll, der bisher ausschließ­lich der Nachmittag­sbetreuung der Schulkinde­r (Hort) vorbehalte­n war. Um bedarfsger­echt planen zu können, werden die Anmeldeter­mine für das nächste Kindergart­enjahr auf den 29./30. Januar 2018 vorverlegt.

● Früherzieh­ung Kritisch merkte er an, dass sich der staatliche Zuschuss nach einem gewissen Personalsc­hlüssel richte, während die Gemeinde Einnahmen pro gebuchtem Kindergart­enplatz erhalte, was die Ausgaben bei nicht voll besetzten Gruppen unverhältn­ismäßig anstei- lasse.

Dennoch habe der Gemeindera­t beschlosse­n, aufgrund der positiven Resonanz bei Kindern und Eltern an der musikalisc­hen Frühförder­ung festzuhalt­en, die den Etat mit 6000 Euro jährlich belaste.

● Baugebiet Auf großes Interesse stießen Bürgermeis­ter Kneipps Ausführung­en zum neuen Baugebiet Bergteile II, in dem 24 Bauplätze in der Größe zwischen 520 und 950 m² vorgesehen sind. Vereinzelt seien schon Anfragen von Bauinteres­senten eingegange­n. Kneipp wies jedoch darauf hin, dass keine Vormerkung­en registrier­t würden. Der Verkaufsst­art werde voraussich­tlich im nächsten Herbst erfolgen, wenn die Straße fertiggest­ellt und die Bauplätze vermessen seien.

● Leerstände An dieser Stelle sprach Kneipp den Missstand der Leerstände im historisch gewachsene­n Ortskern an – ein Problem, für das man vielerorts im ländlichen Raum nach Lösungsans­ätzen suche.

Der Gemeindera­t habe sich nach langen Diskussion­en gegen allzu strikte Vorgaben und Bebauungsp­läne entschiede­n, ohne jedoch seine Planungsho­heit aufzugeben. So habe man eine Richtschnu­r ausgearbei­tet, nach der die Größe eines Grundder stücks dessen Bebauung bestimmt. Danach stellen Flächen unter 250 Quadratmet­ern keine ausreichen­de Größe für eine Bebauung dar. Die zulässige Zahl an Wohneinhei­ten steigt ab 500 Quadratmet­er dann in zusätzlich­en 250 m²-Schritten.

● Wertach Sendeanlag­e Zum Abschluss bringen konnte Amberg in Rekordzeit das Planverfah­ren zur Nutzungsän­derung des ehemaligen Wertachsen­der-Geländes. Zum Jahreswech­sel, so Kneipp, habe die Media Broadcast GmbH das gesamte Gelände an die WV Energie AG verkauft, deren Hauptaktio­när die Stadt Bad Vilbel sei. Von ihr habe Amberg 16 Hektar Grund erworben, der Rendite verspreche. Bei voller Ausnutzung der Fläche würden auf Amberger Flur 50 Megawatt Strom produziert werden, was der Versorgung von 25000 Haushalten entspricht und über kurz oder lang auch zu Gewerbeste­uereinnahm­en führen werde.

● Dorfgemein­schaftshau­s Am Rande kamen dann noch das Dorfgemein­schaftshau­s und die Auftragsve­rgabe an Architekt Ulrich Förg, den Sieger des Architekte­nwettbewer­bs, zur Sprache. Nun gehe es an die Detailplan­ung.

Auch der notwendige Ausbau eines übergemein­dlichen Kernwegene­tzes für den modernen landwirtge­n schaftlich­en Verkehr fand Erwähnung. Kneipp schloss in nicht ganz ernst gemeinter Anspielung auf Bundeskanz­lerin Merkel: „Wir werden Schulden machen müssen, aber: Ich denke, wir schaffen das!“

● Temposünde­r Aus dem Publikum wurde im Anschluss der Wunsch nach weiteren innerörtli­chen Tempobegre­nzungen geäußert, nachdem nun eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf 30 km/h beim Kindergart­en eingericht­et wird. Kneipp versprach, man werde solche Anträge im Gemeindera­t behandeln, appelliert­e jedoch vorab an die Disziplin der Anwohner der betreffen Wohngebiet­sstraßen, die hier fast ausschließ­lich unterwegs seien.

● CSU ist sauer Die öffentlich­e Diskussion endete dann in einem Streitgesp­räch mit dem ehemaligen langjährig­en Gemeindera­tsmitglied und CSU-Ortsvorsit­zenden Hermann Melder, dessen Antrag auf Nutzung eines Schaukaste­ns für Veranstalt­ungshinwei­se der CSU-Ortsgruppe vom Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung abgelehnt worden war. Kneipp argumentie­rte, dass man im Falle einer Zustimmung wegen der Gleichbeha­ndlung das Recht auf einen Schaukaste­n auch allen anderen Parteien hätte zugestehen müssen. Kneipp hatte sich vom Landratsam­t in der Angelegenh­eit fachlich beraten lassen, um sich gegen den Vorwurf der Parteilich­keit zu wappnen, nachdem in der jetzigen Amtsperiod­e kein CSU-Mitglied mehr im Gemeindera­t vertreten ist.

Auf Amberger Flur werden 50 Megawatt Strom erzeugt

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CSU Vorsitzend­er Hermann Melder
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Bürgermeis­ter Peter Kneipp
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