Eine „Landkreis Agenda 2030“
Eigentlich sind sich alle Kreisräte einig: Sie wollen den Landkreis fit für die Zukunft machen. Doch die Tücke liegt im Detail – und einer einzigen Formulierung
Unterallgäu Damit hatte wahrscheinlich auch Roswitha Siegert nicht gerechnet: Ein Antrag der CSU-Fraktion, der inhaltlich fraktionsübergreifend gutgeheißen wurde, führte in der jüngsten Kreistagssitzung erst zu einer längeren Diskussion und schließlich – nach manchem entnervten Augenrollen – zu einem denkbar knappen Abstimmungsergebnis.
Bereits im September hatte die CSU-Fraktion beantragt, zu prüfen, welche Ziele der regionalen Leitbildstudie bereits umgesetzt wurden, wo noch Handlungsbedarf besteht und wo sich möglicherweise neue Erfordernisse aufgetan haben. Es gehe darum, so Siegert, über die künftige Entwicklung des Landkreises nachzudenken: Das Höfesterben sei weitergegangen, der Zuzug habe sich verstärkt und auch der Allgäu Airport und der Fachkräftemangel wären bei einer „Landkreis-Agenda 2030“zu berücksichtigen. Schließlich ist die Leitbildstudie bereits 20 Jahre alt. Und genau das ist der Knackpunkt.
Denn wie Michael Stoiber, Geschäftsführer der Unterallgäu Aktiv GmbH, in der Sitzung darlegte, ist es keineswegs so, dass seither in Sachen Regionalentwicklung nichts mehr passiert ist: Der Leitbildstudie und dem Unterallgäuer Programm von 1998 folgten 2002 und 2007 die regionalen Entwicklungskonzepte und 2014 die bis 2020 reichende Lokale Entwicklungsstrategie. Die Leitbildstudie diente dabei laut Stoiber als konzeptionelle Grundlage. Die Zielsetzungen seien im Laufe der Jahre jedoch an die veränderten Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der Region angepasst und zahlreiche Bürger in den Weiterentwicklungsund Umsetzungsprozess eingebunden worden. Nun eine Fortschreibung der Leitbildstudie zu fordern, könnte laut Stoiber den Eindruck vermitteln, der Landkreis habe seither nichts mehr unternommen.
Einige der Räte sahen das ähnlich. Sie begrüßten zwar grundsätzlich den Antrag der CSU-Fraktion und betonten auch, dass es wichtig sei, den Landkreis fit für die Zukunft zu machen und zu hinterfragen, welche neuen Themenfelder dazu möglicherweise behandelt werden sollten. Am Beschlussvorschlag, den Werner Birkle (CSU) schließlich formulierte, schieden sich jedoch die Geister – und zwar vor allem deshalb, weil darin auch nach drei weiteren Versuchen immer noch von deiner Fortführung der Leitbildstudie die Rede war. Letztlich stimmten 22 Räte für diesen Vorschlag, 21 aus formalen Gründen dagegen.
Die fraktionsübergreifende Klausurtagung, die Martin Osterrieder (JWU) zuvor angeregt hatte, um die Leitsätze neu zu fassen, stieß dagegen auf allgemeine Zustimmung und soll bereits Anfang kommenden Jahres einberufen werden. „Es geht darum, einen Prozess anzustoßen, weil wir an der Schwelle einer Entwicklung stehen, die gravierender sein wird als vor 20 Jahren“, sagte Josef Epp (CSU) und verwies unter anderem auf die geburtenstarken Jahrgänge, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, und auf die Herausforderungen der Digitalisierung. Es solle eine Mitmach-Kultur entstehen, forderte Franz Mutzel (CSU) und sein Parteikollege Josef Kerler schlug vor, auch eine Plattform zu schaffen, auf der über Werte diskutiert werde. „Eine Gesinnung weg vom Egoismus hin zu mehr Gesellschaft, das wäre mir ein Anliegen“, sagte er.
22 Räte stimmen zu, 21 dagegen