Gästeliste der CSU Klausur macht Ärger
Die Landesgruppe lädt den umstrittenen ungarischen Regierungschef Orbán und Österreichs neuen Kanzler Kurz ein. Selbst in der eigenen Partei gefällt das nicht allen
Augsburg Kaum hat sich die CSU auf dem Parteitag mit der Kanzlerin versöhnt, droht sie die neue Geschlossenheit wieder aufs Spiel zu setzen. Die Landesgruppe der Bundestagsabgeordneten hat nach Recherchen unserer Zeitung den umstrittenen ungarischen Regierungschef und harten Merkel-Kritiker Viktor Orbán zu ihrer Klausur nach Kloster Seeon vom 4. bis 6. Januar eingeladen. Eine weitere Einladung erging demnach an den neuen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der in Wien seit dieser Woche mit der rechten FPÖ regiert.
Eine offizielle Bestätigung dafür gab es weder von der Parteizentrale in München noch von der Landesgruppe in Berlin. Doch der Ärger hat bereits begonnen. Die Chefin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen, kritisiert die Auswahl der CSU-Gäste: „Die CSU holt die falschen Ratgeber für Bayern.“Kohnen wird als neue stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende an den Sondierungsgesprächen zwischen
Union und SPD teilnehmen. Auch Katharina Schulze, Chefin der Landtags-Grünen, ärgert sich: „Gerade in der heutigen Zeit braucht es einen Schulterschluss von Europafreunden.“
Sogar in der CSU-Landesgruppe selbst gibt es ähnliche Ansichten und besorgte Stimmen über die Auswahl der Klausur-Gäste. Der Augsburger Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich zum Beispiel sagt: „Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass auch ein Politiker aus Frankreich eingeladen wird. Wenn wir über Europa reden, sollten unsere französischen Freunde dabei sein.“Er habe das vor einem Monat schon angeregt, sagt der Augsburger Abgeordnete. Zudem kündigte Ullrich eine kritische Haltung an: „Herr Orbán wird sich unangenehme Fragen zur Flüchtlings- und Europapolitik anhören müssen.“Der Ungar gilt als Hardliner in der Flüchtlingsfrage und fährt einen Anti-EU-Kurs. Orbán und Kurz sollen am zweiten Tag der Klausur, dem „EuropaTag“, kommen. 2015, am Höhepunkt des Flüchtlingszustroms, hatte die CSU-Landtagsfraktion Orbán schon einmal zu Gast. Auch damals hagelte es Kritik, und der Ungar erfüllte die Erwartungen von Freund und Feind: Er lederte gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik. Was die CSU zu einer erneuten Einladung gebracht hat, bleibt offen. Nur einen Tag nach der Klausur starten die Sondierungen in Berlin.
Derlei Debatten sind bei der SPD nicht zu erwarten, und das hat einen einfachen Grund: „Stargast“bei der Fraktionsklausur der Landtagsabgeordneten im schwäbischen Kloster Irsee ist der eigene Parteichef Martin Schulz. Er wird am 17. Januar die Landtagsabgeordneten besuchen. Es ist eher ein seltenes Ereignis, dass der SPD-Bundesvorsitzende zu dieser Veranstaltung kommt. Zuletzt war es vor zehn Jahren Kurt Beck.