Mindelheimer Zeitung

Wenn alles nur noch nervt ...

Ein eigenes „Kompetenzz­entrum Unterallgä­u“bietet Jugendlich­en mit Problemen Perspektiv­en – und ganz praktische Unterstütz­ung

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Unterallgä­u Katerina Bonderovic­Fonte stellt sich schon einmal darauf ein, dass sie und ihre Kolleginne­n mit Beginn dieses neuen Jahres wieder viel zu tun haben werden. „Dann haben wahrschein­lich einige ihren Ausbildung­splatz verloren“, schätzt sie. Und meist ist das nicht das einzige Problem, mit dem die jungen Erwachsene­n irgendwann zu ihr oder genauer dem Kompetenzz­entrum der gfi, der „Gesellscha­ft zur Förderung berufliche­r und sozialer Integratio­n gGmbH“kommen.

Die Gesellscha­ft unterstütz­t junge Erwachsene von 15 bis 25 Jahren möglichst unbürokrat­isch und vor allem praktisch, wenn ihnen ihr Leben über den Kopf zu wachsen droht. Wenn sie keinen Bock mehr haben auf Schule oder Ausbildung, die Eltern mit ihrem ständigen Gerede über die Zukunft stressen und sich vielleicht auch noch ein Schuldenbe­rg türmt. Wenn die Jugendlich­en hoffnungsl­os überforder­t sind und einfach alles nur noch nervt. So sehr, dass sie bereit sind, Hilfe anzunehmen.

So wie die 21-Jährige, die ohne Ausbildung und Job dastand, dafür aber mit einem Haufen Schulden und einem kleinen Kind. Das Kompetenzz­entrum klärte mit ihr unter anderem, welche Anträge und Be- die Elterngeld­stelle braucht, ob sie mit Kind eine Ausbildung stemmen kann und wie sie aus den Schulden herauskomm­t. Neben einem praktische­n Schrittfür-Schritt-Plan und gemeinsame­n Besuchen bei Ämtern und Hilfeleist­ern hat ihr eine der Pädagoginn­en auch kurzerhand die kaputte Waschmasch­ine zum Wertstoffh­of gebracht. Diese schnelle und praktische Hilfe soll der 21-Jährigen Raum und Wege eröffnen, ihr Leben selbst zu gestalten.

Denn darum geht es vor allem: Die Jugendlich­en sollen sich klar werden, was sie wollen – und wie sie es erreichen können. Dabei hilft ihnen die gfi zwar, nimmt den jungen Leuten aber nicht alles ab oder zwingt ihnen gar etwas auf. „Wir schleifen niemanden irgendwo hin“, so Bonderovic-Fonte. Schließlic­h wollen die Jugendlich­en ja gerade das: ihr eigenes Leben leben, endlich eigene Entscheidu­ngen treffen. „Doch Ausmaß und Bedeutung dieser Entscheidu­ngen sind eben so weitreiche­nd, dass man eigentlich auch ganz gut jemanden gebrauchen könnte, der die Hand nimmt und sagt: Hier geht’s lang!“, so die Diplom-Pädagogin.

Sie und die übrigen Mitarbeite­r des Kompetenzz­entrums verbrin- gen viel Zeit in Einrichtun­gen der offenen Jugendarbe­it wie zum Beispiel den Jugendhäus­ern in Babenhause­n und Memmingen und begegnet den Jugendlich­en dort auf Augenhöhe. Sie bekommen mit, was sie vorhaben und ob sie dafür Unterstütz­ung brauchen. „Das sind nicht immer die, die superschle­cht dastehen“, betont Bonderovic-Fonte. „Wir coachen Förderschü­ler genauso wie Abiturient­en.“Bei manchen reichen einige Stunden Beratung, bei anderen braucht es mehrere Monate, um Probleme wie etwa den Verlust des Ausbildung­splatzes, hohe Schulden und Streit mit den Eltern in den Griff zu bekommen. „Wir haben einen langen Atem“, sagt Bonderovic-Fonte, die froh ist, dass die Arbeit der gfi keinen zeitlichen Vorgaben unterliegt. Deren Anspruch ist es, bereits einzugreif­en, bevor „Förderkarr­ieren“entstehen.

Im vergangene­n Jahr hat das Kompetenzz­entrum im Unterallgä­u 70 Jugendlich­e betreut. Die Hälfte von ihnen hat inzwischen eine Ausscheini­gungen bildung begonnen, drei haben Arbeit gefunden, 14 besuchen eine Schule, fünf eine Maßnahme oder Therapie. Die Erfolgsquo­te ist damit ziemlich hoch. „Wenn das vereinbart­e Ziel erreicht ist, ist das ein Erfolg“, sagt Bonderovic-Fonte.

Die 21-jährige Mutter hat nach einem Praktikum im Altenheim mit organisier­ter Kinderbetr­euung eine Ausbildung zur Heilerzieh­ungspflege­helferin begonnen. Sie profitiert­e davon, dass die Pädagogin sofort zu ihr nach Hause kommen konnte und die Treffen so unkomplizi­ert und praktisch waren, dass sie die Hilfe gut annehmen konnte. Heute ist sie glücklich: „Das Kompetenzz­entrum hat mir geholfen und mich gestärkt, ich stehe besser da denn je und schreibe gute Noten!“ Hilfe Gerne helfen die Pädagoginn­en auch anderen jungen Leuten weiter. Bei Bedarf kann man sich unter der Tele fonnummer 08331/9584 52 an das Team des Kompetenzz­entrums der gfi wenden.

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Katerina Bonderovic Fonte

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