Was das Aus der StrAbS für die Bürger bedeutet
Die von der CSU angekündigte Abschaffung der ungeliebten Abgabe freut viele Hausbesitzer. Dabei ist noch völlig unklar, wie die Finanzlücke geschlossen wird
Mindelheim Das Wort zählt 28 Buchstaben. Straßenausbaubeitragssatzung. Rund drei Viertel aller bayerischen Kommunen haben ein solches Regelwerk für Ortsstraßen erlassen. Grundlage ist das Kommunale Abgabengesetz aus dem Jahr 1974. Wird eine Straße hergerichtet, werden die dafür notwendigen Ausgaben zu einem erheblichen Teil auf die anliegenden Hausbesitzer umgelegt. Da kommen schnell einige tausend Euro zusammen. Viele Eigentümer empfinden das als ungerecht, weil auf den Straßen alle fahren. Mit dieser Abgabe soll nun nach dem Willen der CSU Schluss sein.
Die Regierungspartei kommt damit auf ihrer Klausurtagung im fränkischen Kloster Banz einem Volksbegehren zuvor, das die Freien Wähler angestrengt haben. Kritiker der Abgabe haben immer wieder auf Härten hingewiesen, etwa das alte Mütterchen, das plötzlich 50 000 Euro zahlen musste.
Mindelheims Stadtkämmerer Wolfgang Heimpel sagt, solche dramatischen Fälle habe es in der Kreisstadt noch nie gegeben. Meist gehe es um ein paar tausend Euro, sagt Heimpel. „Je höherwertiger eine Straße ist, desto mehr trägt die Allgemeinheit die Kosten“, fasst Heimpel den Grundsatz zusammen. Dient eine Straße eher nur den Anwohnern, fällt ihr Beitrag höher aus. Wenn jemand nicht alles auf einmal zahlen konnte, sei es immer möglich gewesen, auch in Raten zu zahlen.
Weniger war also die Summe umstritten als die Art des Straßenausbaus, so Heimpel. Die einen wollten lieber einen breiteren Gehweg, die anderen mehr Parkplätze und wieder andere riefen nach mehr Bäumen. Diese Diskussionen wird es auch in Zukunft geben.
In jüngerer Vergangenheit sei der Mühlweg nach der Satzung abgerechnet worden. Die dortigen Anlieger könnten womöglich die Letzten gewesen sein, die für diese Leistung von der Stadt zur Kasse gebeten wurden. Ob es jetzt noch weitere Abrechnungen geben wird, ist sehr unwahrscheinlich. „Ich werde dem Stadtrat empfehlen, keine weiteren Arbeiten ins Laufen zu bringen“, sagte Heimpel. Denn noch ist völlig unklar, ob die Abschaffung zu einem bestimmten Stichtag erfolgt.
Den Bürgern wäre es nicht zu vermitteln, sagt der Kämmerer, jetzt noch eine Straße auszubauen, die die Anlieger dann zahlen müssten. Nach dieser Logik dürfte heuer wohl keine Straße in Mindelheim erneuert werden. Die Haushaltsberatungen stehen aber erst noch an.
Eher vage sind bisher die Ideen, wie die Kommunen künftig ihre Straßen finanzieren können. Diskutiert werde über einen höheren Anteil der Kfz-Steuer. Eventuell wird auch die Grundsteuer angehoben. Damit würden alle Grundbesitzer gleichermaßen bezahlen, ob nun eine Straße in ihrer Nähe gebaut wird oder nicht. Wiedergeltingens Bürgermeister Norbert Führer weist auf die Lücke im Haushalt hin. „Als Bürgermeister erwarte ich vom Gesetzgeber, dass er diese Lücken vollständig und ohne „Wenn und Aber“kompensiert. Insofern schließe ich mich der Aussage unseres Gemeindetagspräsidenten Uwe Brandl inhaltlich voll an: Wer A wie „Abschaffen“sagt, muss auch B wie „Bezahlen“sagen“.
Anstehende Abrechnungen will Führer erst einmal auf Eis legen, bis Klarheit besteht. Ihn ärgert dabei der Umstand, dass vor noch nicht mal einem Jahr seitens der Verantwortlichen, die heute die Straßenausbaubeitragssatzung abschaffen wollen, „ein enormer Druck auf die Kommunen ausgeübt wurde, gerade eine solche zu erlassen“.
Mindelheims Kämmerer Heimpel ist sicher: Der Freistaat wird Geld locker machen und den Kommunen einen Ausgleich für die entgangenen Einnahmen bieten müssen. Nicht immer ist den Bürgern aber klar, dass die Ausbaubeiträge nur für Straßen erhoben werden, die schon erstmalig und endgültig hergestellt wurden. Darauf macht der Türkheimer Bauamtsleiter Lothar Rogg aufmerksam. In der Marktgemeinde sollen elf Straßen bis 1. April 2021 nach der Erschließungsbeitragssatzung abgerechnet werden. Erst später werde dann eine Ausbaubeitragssatzung greifen.