Raten Sie mal, was da drin ist
Er ist der Liebling der Grünen Woche: der Insektenburger
Berlin Ein brauner Klops. Er brutzelt in Halle 22 A in einer Pfanne, und der Besucher, ein Rentner, 77, der gerade davorsteht, kann nichts dafür. Er muss ihn wie hypnotisiert anstarren. Es geht ihm wie vielen Gästen der Grünen Woche in Berlin. Vor ihnen liegt Deutschlands erster Insektenburger. Sieht aus wie ’ne Bulette. Riecht wie ’ne Bulette. Aber schmeckt der auch?
Von der Frage hängt einiges ab. Nicht nur für seine Erfinder, auch für die Zukunft der Ernährung. Müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass Schweine und Rinder Konkurrenz von Krabbeltieren bekommen, die nur einen Bruchteil des Futters brauchen, um dieselbe Menge Eiweiß zu produzieren? Manche Besucher gucken wie die Kandidaten im Dschungelcamp. Dabei sieht man dem Hamburger seine Zutaten gar nicht an.
Die Bugfoundation, ein Start-upUnternehmen aus Osnabrück, hat sie entwickelt. Der Klops besteht zu 30 Prozent aus Buffalo-Würmern, gezüchtet in Holland. Die Rezeptur ist geheim. „Wir haben sie monatelang ausgetüftelt“, sagt Baris Özel, 30. Er hat das Unternehmen 2013 mit seinem Freund Max Krämer gegründet. Monatelang waren sie mit dem Rucksack durch Asien gereist, begeistert von der Kultur und ihrer Küche. Was es da nicht so alles gab. Raupen, die nussig schmeckten. Heuschrecken mit Honig-Aroma.
Wieder zurück, schrieb Max seine Abschlussarbeit. Es ging um Insekten. Er verglich ihre Zucht mit der industriellen Schweinezucht. Baris sagt, die Vorteile der Haltung von Würmern hätten sie überzeugt. Sie wollten andere dafür gewinnen. Ein gewagtes Unternehmen. Denn in Deutschland war der Verzehr von Insekten damals zwar nicht verboten, aber auch nicht explizit erlaubt. Es hing vom Wohlwollen der Behörden ab. In Belgien und Holland klappt es reibungslos. Dort bekommt man den Burger schon heute in Steakhäusern. Kein billiges Vergnügen. Elf bis 15 Euro kostet er mit Pommes. Dass ihnen noch nicht die Puste ausgegangen ist, verdanken sie der EU. Sie hat zum 1. Januar eine Verordnung erlassen, die Insekten als Lebensmittel anerkennt. Und sie hat die Bugfoundation finanziell gefördert. 330000 Euro flossen in das Unternehmen. Aber wie sieht es mit dem Geschmack aus?
Die noch bis Sonntag dauernde Grüne Woche ist die weltgrößte Messe für Ernährung. Wenn es der Insektenburger hier schafft, schafft er es auch im Rest der Republik. Dann könnte sich erfüllen, was Ernährungswissenschaftler prophezeit haben. Dass sich Insekten irgendwann so etablieren werden wie Sushi. Das Feedback stimmt die Gründer optimistisch. Wie sagte doch der Besucher? „Ein bisschen trocken. Vielleicht sollten sie Knoblauch dazu
geben.“