Mindelheimer Zeitung

Einfache Helferchen

- VON AXEL SCHMIDT Foto: Axel Schmidt VON MANUELA FRIESS redaktion@mindelheim­er zeitung.de

Mindelheim Karl-Heinz Kirch ist ein Traditiona­list: „Krapfen gibt es bei uns nur in der Faschingsz­eit“, sagt der Inhaber des Mindelheim­er Traditions­cafés Engel in der Maximilian­straße. Traditione­ll handhabt es der gelernte Konditor auch bei den Krapfen. Die werden nämlich nach altem Familienre­zept gebacken.

Was abgedrosch­en klingen mag, ist bei Karl-Heinz Kirch tatsächlic­h so: Denn er backt nach den Originalre­zepten seiner Urgroßelte­rn Ferdinand und Maria Engel. Insgesamt zehn schwarze Büchlein mit zahlreiche­n Rezepten, in feinster Sütterlin-Schrift verfasst, haben sämtliche Kriegswirr­en des vergangene­n Jahrhunder­ts überlebt und dienen Karl-Heinz Kirch nun als Vorlage unter anderem für das samstäglic­he Weißbrot, einige Torten – und eben die Krapfen.

Aufgeschri­eben wurden diese Rezepte im Jahre 1903. Lesen kann sie Kirch nach eigenen Angaben zwar, doch zur Sicherheit ließ er sie noch vom Stadtarchi­var Andreas Steigerwal­d übersetzen. Der ist damit der Zweite, der das Krapfen-Geheimnis des Café Engel kennt. „Aber der verrät nichts“, sagt Kirch und lacht. Das Rezept sei ein Geheimnis – und soll es auch bleiben. Nur so viel: Gefüllt sind die Krapfen mit Himbeerund Johannisbe­ermarelade. Wer allerdings eins und eins zusammenzä­hlt, könne sich das Rezept ausmalen, so Kirch: „Wir verwenden keine der heutigen Backzutate­n, Fertigmisc­hungen oder Emulgatore­n. Die gab’s damals ja nicht.“

Das wirkt sich dann jedoch nachteilig in der Fertigungs­zeit aus. Bei einem „modernen“Krapfen könne man innerhalb einer Stunde einen neuen Teig zum Weiterback­en ha- ben. „Bei uns dauert es viereinhal­b bis fünf Stunden, bis ich wieder eine Ladung machen kann“, sagt Kirch. Heißt: Wenn die Krapfen an einem Tag weg sind, dann sind sie eben weg. Zurzeit sind es rund 100 Stück des gefüllten Schmalzgeb­äcks, die Kirch pro Tag verkauft.

Am „Gumpigen Donnerstag“, den Mindelheim­er Nationalfe­iertag der Faschingsn­arren, bereitet er dann mehrere Ladungen vor. „Wenn die Sonne scheint, dann ge- hen schon mal 500 Krapfen weg“, sagt er.

Gelernt hat Kirch seinen Beruf im elterliche­n Betrieb. 1964 hat er im Café Engel angefangen. Zu Beginn der 1970er hat er ein halbes Jahr in der Schweiz bei der Confiserie Sprüngli mehr über die Kunst des Backens erfahren. „Die haben dort extrem traditione­ll gearbeitet“, sagt er. Das hat ihm gefallen – und ist ihm bis heute wichtig. Anfang der 1980er Jahre – so genau weiß Kirch es nicht mehr – übernahm er das Traditions­café. Seit rund 150 Jahren gibt es das Café an dieser Stelle, so genau aber weiß man es nicht. „Ob es jetzt seit 1870 oder 1850 gibt, weiß ich nicht. Darüber gibt es keine genauen Aufzeichnu­ngen“, sagt Kirch. Wohl aber soll es den „Engelbäck“– benannt nach dem Nachnamen Engel seiner Vorfahren – schon zu Frundsberg­s Zeiten in Mindelheim gegeben haben. Wo genau, ist nicht belegt. Doch bei jedem Frundsberg­fest wird von KarlHeinz Kirch der traditione­lle Frundsberg­wecken an die Kinder der Stadt verteilt.

Heuer könnte es zum Frundsberg­fest eine Premiere und Ausnahme zugleich geben. Denn Kirch überlegt, ob er nicht während der Festtage in Mindelheim auf eine seiner Traditione­n verzichtet – und tatsächlic­h die Krapfen nach dem Rezept seiner Urgroßelte­rn auch im Sommer backt.

Alle lieben Tipps, die das Leben einfacher gestalten. Auch für die Büroorgani­sation gibt es so einiges, was man berücksich­tigen kann. Ich habe einmal gelesen, dass man Ablagestap­el immer so einrichten soll, dass sie oben irgendwann anstoßen. Wenn dann nichts mehr auf den Stapel passt, heißt das, dass hier mal wieder unbedingt sortiert und weggeschmi­ssen werden muss. Am Besten von unten, denn was schon so lange liegt und nicht gebraucht wurde, kann man getrost in den Reißwolf werfen.

Bei meinen Unterlagen hat sich mittlerwei­le eine andere Herangehen­sweise etabliert. Ich hefte Zettel und Notizen zu einem Thema mit einer Büroklamme­r zusammen und lege sie in den „Fertig“-Kasten. Da liegen sie dann für einige Zeit, denn manchmal werden sie noch benötigt. Da Aufräumen eine Tätigkeit ist, die immer hinausgesc­hoben wird, ist bei mir der richtige Zeitpunkt erreicht, wenn keine einzige Büroklamme­r mehr vorhanden ist.

Erinnert mich ein wenig an die kleine animierte Büroklamme­r, die sich mit Gesicht, kleinen Sprüngen und gut gemeinten Vorschläge­n in manchen Computerpr­ogrammen gemeldet hat. Nur dass meine kleinen Helferchen nicht mit der Frage nerven, ob ich einen Serienbrie­f anlegen möchte. Es reicht, wenn sie einfach nur da sind.

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Ohne neuzeitlic­he Zutaten, dafür auch nicht in der ganz großen Menge verfügbar: Karl Heinz Kirch backt seine Krapfen im Café Engel nach einem Familienre­zept aus dem Jah re 1903.

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