Elektronische Helfer stressen die Autofahrer
Allgäuer Forscher beobachten geringes Vertrauen in den „Computer-Chauffeur“
Kempten Einparkassistenten, Regensensoren und Abstandswarner – schon heute sind Autos mit allerlei technischen Helferlein vollgestopft. In Zukunft sollen die Wagen ganz allein fahren können. Etliche Unternehmen arbeiten an dieser Technik. Aber sind die Menschen schon bereit für automatisierte Fahrsysteme? Und reduziert die Technik den Stress am Steuer spürbar?
Diesen Fragen gehen Wissenschaftler der Hochschule Kempten nach. „Wir wollen herausfinden, wie das Auto der Zukunft aussehen muss, damit die Menschen entspannt ihrem Auto vertrauen können“, sagt Professor Bernhard Schick vom Forschungsbereich Fahrerassistenzsysteme. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Menschen bisher nicht so entspannt sind, wenn sie sich auf den ComputerChauffeur verlassen sollen.
Für die Untersuchungen müssen die Fahrassistenzsysteme zunächst eine Reihe von Tests am Computer bestehen. Dort werden Alltagssituationen auf der Straße simuliert: Schnee und Regen oder auf die Fahrbahn springende Tiere. Dann werden die neuen Technologien mit Testfahrern in einem Fahrsimulator getestet. In einer Studie mit 50 Teilnehmern, 36 Männern und 14 Frauen, wurde an der Allgäuer Hochschule der Spurhalteassistent unter realen Bedingungen genau unter die Lupe genommen. Dieses System erkennt die Fahrbahnmarkierungen und kann durch leichtes Gegenlenken eingreifen, wenn der Fahrer beispielsweise müde wird und von der Spur abzukommen droht.
Die Fahrer mussten bei dem Versuch mit bis zu Tempo 160 auf Bundesstraßen und Autobahnen fahren, jeweils mit und ohne Assistenzsystem. Dabei wurde das Stresslevel überprüft. Ergebnis: „Das Stresslevel stieg bei allen Probanden an, sobald der Spurhalteassistent eingeschaltet war“, sagt die Psychologin Corinna Seidler, die die Tests begleitete. Das äußerte sich durch feuchte Hände, Herzrasen und höheren Puls. „Im Durchschnitt waren die Probanden deutlich weniger gestresst, wenn sie bei einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern ohne Spurhalteassistent fuhren, als bei 120 Stundenkilometern mit Spurhalteassistent.“
Das liege an zwei Faktoren, sagt die Expertin. Zum einen falle es schwer, die durch jahrelange Fahrpraxis erlernte Kontrolle abzugeben. Zum anderen sei die Technologie noch nicht ausgereift, sodass der Assistent in bestimmten Situationen ausfallen könne. „Im Moment ist die Technik noch nicht so weit, dass Unfälle komplett vermieden werden können“, sagt Professor Schick. Es gibt zwar Studien, die aussagen, dass es bei einer höheren Verbreitung autonom agierender Autos deutlich weniger Unfalltote gäbe. Doch diese sind nicht unumstritten. Inzwischen erlaubt das Straßenverkehrsgesetz teilweise solche Wagen auf den Straßen. Die Verantwortung bleibt aber letzten Endes beim Fahrer.
Mit den Ängsten der Deutschen in Sachen autonomes Fahren beschäftigt sich auch der Kommentar. Ein tödlicher Unfall in den USA dürfte diese noch befördern; mehr dazu in der Wirtschaft.