Die Altstadt lebt von Bewohnern
Alt-Landrat Haisch zum Denkmalschutz
Herr Haisch, beim Bürgerforum vorige
Woche wurde viel über Denkmalschutz und falsche
Fassaden in der Mindelheimer Innenstadt gesprochen. Die Referenten waren sich weitgehend einig, dass man so viel Altsubstanz wie möglich erhalten und qualitative Neubauten ergänzen sollte, wo es nötig ist. Ihrer Ansicht nach wurden einige wichtige Aspekte aber nicht thematisiert.
Hermann Haisch: Ja, mir ist der Aspekt der Belebung der Innenstadt etwas zu kurz gekommen. Ich denke, dass Geschäfte und die Menschen, die von außen kommen, wichtig sind, man aber nicht vergessen darf, dass die Altstadt von den Menschen lebt, die dort wohnen.
Dazu muss dann aber auch Wohnraum in der Innenstadt vorhanden sein – gibt es den denn?
Haisch: Ja, viele Altbauen sind im Dachgeschoss nicht ausgebaut. Man könnte den Dachraum aber wunderbar als Wohnraum nutzen. Dann hätte man die sogenannte Nachverdichtung, die sich auch der Staat wünscht, der fordert, Grünflächen zu schonen und im Dorf und in der Stadt zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.
Auflagen des Denkmalschutzes sind für viele Mieter und Bewohner ein Buch mit sieben Siegeln. Haben Sie Lösungsansätze, wie man den Menschen beim Thema Denkmalschutz helfen und Wohnen in denkmalgeschützten Gebäuden so attraktiver machen kann? Haisch: Wer soll sich im Gewirr zwischen Finanzierung, möglicher Förderung, Planung, Denkmalschutz und vielen Auflagen auskennen? Wenn ein Bauwilliger kommt und ungenutzte Bausubstanz eine andere Funktion geben möchte, müsste ein Berater dem Bauherrn zur Seite stehen. Wenn Altbausubstanz erhalten werden soll und der Besitzer aufgrund von Auflagen und Vorschriften zusätzliches Geld ausgibt, muss der Staat oder die Stadt fördernd beistehen.
Vom Individuellen zum Allgemeinen: Was ist Ihre Devise bei Altbauten – erhalten oder einreißen?
Haisch: Ich bin kein Freund des Abreißens, aber auch nicht des Historisierens. Es gibt verschiedene Lösungen, man kann beispielsweise alte Fassaden stehen lassen, den inneren Teil des Hauses aber neu aufbauen. Oder die alten Gebäude eben sanieren. Generell gilt aber, dass die Funktion Vorrang hat. Man darf ja auch Bedürfnisse von Senioren oder Behinderten nicht vergessen. Solche Veranstaltungen vom vergangenen Mittwoch sollten nicht der Selbstdarstellung dienen, sondern das Innenleben einer Stadt durchleuchten und nach Lösungen suchen. Helfende und unterstützende Ideen sind notwendig und manches lobende Wort wirkt Wunder.