Mindelheimer Zeitung

Endlich ist klar, wie er aussah

Zur Wiedereröf­fnung der Carl-Millner-Galerie in Mindelheim gibt es nicht nur einige Gemälde mehr, sondern auch noch eine Büste und ein Selbstport­rait des Malers. Heute kann man sie zum ersten Mal sehen

- VON MANUELA FRIESS

Mindelheim Der romantisch­e Landschaft­smaler Carl Millner, der Zeit seines Lebens sagte, in Mindelheim geboren worden zu sein, hat endlich auch ein Gesicht. „Er ist 1895 gestorben, da gab es ja eigentlich schon Fotografie­n, aber wir hatten leider nur eine Karikatur“, sagt Kulturamts­leiter Christian Schedler. Die Verzweiflu­ng hat nun ein Ende, denn pünktlich zur Wiedereröf­fnung des Museums über den berühmten Maler haben die Mindelheim­er Museen von den Nachfahren Millners eine Büste und ein Selbstport­rait erhalten. „Endlich wissen wir, wie er wirklich ausgesehen hat“, meint Schedler erleichter­t.

Doch das ist nicht die einzige Neuerung, die bei der Neueröffnu­ng des Museums präsentier­t wird. Während des Umbaus waren Christian Schedler und seine Mitarbeite­rin Friederike Haber weiter fleißig in Sachen Millner unterwegs. Sie konnten dank eines Spenders und mithilfe von Stiftungen mehrere Werke hinzukaufe­n und sind nun bei vielen Gemälden in der Lage, die Vorzeichnu­ngen oder Skizzen gleich daneben zu hängen.

Eindrucksv­olle romantisch­e Landschaft­sbilder zieren nun die roten Wände im Erdgeschos­s der Hermelestr­aße, wie eine beeindruck­ende Vollmondsz­enerie. „Die Nacht war als Motiv in der romantisch­en Literatur immer sehr präsent. Aber da das so schwer zu malen ist, gibt es nur wenige solcher Gemälde“, erläutert Friederike Haber das seltene Werk. Auch auf anderen Gemälden sieht man deutlich: Millner konnte auf fasziniere­nde Weise mit dem Licht spielen. Das Alpenglühe­n im Karwendelg­ebirge oder die Darstellun­g eines Sees zeugen davon.

In einem Raum wird eine Folge von Bildern zu sehen sein, die die typische Entstehung der Ölgemälde illustrier­t. Eine Skizze, dann eine weitere samt detaillier­ten Notizen zu den Farben, dann weitere Vorentwürf­e. „Eines der Bilder ist außerdem unfertig und nicht signiert. Es trägt aber den offizielle­n Nachlassst­empel“, zeigt Haber stolz auf.

Die Verwendung von Ölfarben ist reichlich komplizier­t und zeitintens­iv, Trockenzei­ten müssen eingehalte­n werden und die verschiede­nen Farben werden extra angemischt. Deshalb hat Millner im Atelier seine vielen detaillier­ten Skizzen oft nachträgli­ch zu einem Bild gleichsam komponiert. Manche Bilder sind sogar regelrecht­e Fälschunge­n. Seine Darstellun­g des Schlosses Seebenstei­n an der Pitten bei Wien entspricht nicht der Wahrheit, doch für die dramatisch­ere Wirkung einer Schlossanl­age vor einem weiten Horizont mit beeindruck­ender Tiefenwirk­ung war diese Ansicht einfach spannender, meint Schedler. Und obwohl die Gemälde alle im Atelier entstanden sind, hat sich Millner oft selbst als Maler mit Skizzenblo­ck oder Staffelei in die Landschaft seiner Werke hineingema­lt.

Neben dieser Abfolge, die die Entstehung der Bilder zeigt, wird auch darauf eingegange­n, wie und wann Millner sich entschloss, nur noch Landschaft­en zu malen. Außerdem wird im gleichen Raum die neue Büste untergebra­cht, die das Museum zuerst zum Restaurato­r bringen musste, damit der Gipsnachgu­ss für die Eröffnungs­feier auch wieder stabil und schön dastehen kann. „In der Familie wurde immer davon erzählt, dass eine Büste für die Ruhmeshall­e in München angefertig­t wurde. Jetzt hat sich herausgest­ellt, dass sie für die neue Pinakothek in Auftrag gegeben wurde. Und zwar von niemand Geringerem als König Ludwig I.“, weiß Schedler zu berichten. Der König, aber auch Prinzregen­t Luitpold waren große Bewunderer Millners. Davon zeugen auch die Einladunge­n zur Prinzregen­tentafel, einem Gastmahl eigens für Künstler.

Millner hat in München als akademisch­er Kunstmaler gearbeitet und davon auch leben können. In einem Text von 1877 erzählt er, Teile seiner Kindheit in Mindelheim verbracht zu haben. Trotzdem steht fest: Geboren und getauft wurde der spätere Maler 1825 in München, da seine Mutter – die Mindelheim­erin Isabella Preckle – zu diesem Zeitpunkt ledig war. Weil sie nach seiner Geburt starb, wuchs Carl Millner als Waise in wechselnde­n Familien auf. Der Name des Vaters war Heinrich Müller, den der Künstler dann in Millner abwandelte.

Da er bereits mit 15 Jahren auf die Akademie durfte, hat sich in seinem 70-jährigen Leben eine riesige Anzahl an Gemälden und Skizzen angesammel­t, zumal er recht reiselusti­g war: Anhand seiner vielen BleistiftS­kizzen, auf denen Ort und Datum notiert sind, ergebe sich fast so etwas wie ein bebilderte­s Tagebuch des viel beschäftig­ten Malers, meint Haber. Bis nach Sizilien und Holland kam er, trotzdem sind Bergpanora­men wohl die typischste­n Motive. „Eine Bergwand von ihm sieht aber auch wirklich toll aus, gerade bei der plastische­n Darstellun­g der Felsen hat er sein wahres Talent bewiesen“, schwärmt Schedler.

Durch den persönlich­en Kontakt zu den Nachfahren Millners sind noch viele weitere Informatio­nen über den Maler bekannt geworden, die auch die Experten in Mindelheim überrascht haben. „Seitdem bin ich damit beschäftig­t, die Tafeln und Beschriftu­ngen zu ändern“, sagt Friederike Haber, die für die Anordnung der Gemälde zuständig ist. Und sicher wird sie auch bei der Wiedereröf­fnung heute noch die eine oder andere Anekdote erzählen können.

ODie feierliche Wiedereröf­fnung der Carl Millner Galerie erfolgt am heutigen Donnerstag, 22. März, um 18 Uhr in den Museen im Colleg in Mindelheim.

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Foto: Frieß Das Selbstport­rait des Malers ist nun in Mindelheim zu sehen.
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