Der Kopf der Königlichen
Zinédine Zidane war einer der besten Fußballer der Welt. Unvergessen machte er sich auf andere Art. Dass er auch ein Erfolgstrainer ist, erlebt gerade der FC Bayern
Geht es um die Frage, wer von den Milliarden Menschen, die jemals gegen eine Blechdose oder einen Ball getreten haben, der Beste war, diskutieren die Experten die immer gleichen Namen. Pelé, Maradona, Messi und Cristiano Ronaldo – Solitäre ihrer Kunst. Dem Quartett am nächsten ist einer, der gerade wieder dabei ist, als Trainer Einzigartiges zu vollbringen.
Vielleicht wäre Zinédine Zidane in einem Atemzug mit Pelé & Co zu nennen, wäre er als Torschütze genauso häufig in Erscheinung getreten. Der Franzose aber war zuerst Stratege und Gestalter. Dass er unter den „Weltfußballern des Jahres“– ein Prädikat, das Zidane 1998, 2000 und 2003 erhalten hat – der Eleganteste war, wird keiner bezweifeln, der ihn spielen gesehen hat. Ein pantherhafter Kerl, dieser Sohn algerischer Einwanderer, der mit seinen vier Geschwistern in einem Problemviertel Marseilles aufgewachsen ist. Zizou haben sie ihn genannt, was nach einer Katze klingt, die mit Mäusen jongliert. Ein früh Vollendeter, der mit 16 Jahren bei den Profis des AS Cannes debütierte. Bei Juventus Turin reifte Zidane zum Anführer der französischen Nationalelf, die Ende der 90er Jahre die FußballWelt dominierte. Schon damals allerdings irritierte ein Charakterzug, der gar nicht zu Zidanes zurückhaltendem Wesen passen wollte. Offenbar ein Erbe seiner Jugendjahre. Wer ihn reizte, durfte nicht auf ein versöhnliches Gespräch hoffen. Zidanes Zündschnur war kurz. Wer das wusste, zündelte gezielt, wie der Italiener Marco Materazzi im WM-Finale 2006. „Preferisco la puttana di tua sorella“(„Ich bevorzuge deine Schwester, die Nutte“), hatte Materazzi dem Franzosen zugeraunt, der mit einem Kopfstoß antwortete. Zidane flog zum letzten und 15. Mal in seiner Karriere vom Platz. Italien gewann den Titel.
Damals hatte der Franzose bereits fünf Jahre lang für Real Madrid gespielt. Die Spanier hatten die Rekordablöse von 77,5 Millionen Euro nach Turin überwiesen. Kein Madrilene bezweifelt heute, dass Zidane das Geld wert war. Andererseits hatte keiner dem introvertierten Franzosen zugetraut, dass er an seine Weltkarriere als Spieler eine genauso erfolgreiche Trainerlaufbahn anhängen würde. Seit 2016 steht der 45-jährige Kahlkopf in Anzug und Krawatte für Real am Spielfeldrand und sammelt Trophäen. Schon die Wiederholung des Champions-League-Sieges war eine Premiere. Nun könnte Zidane am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) über das Rückspiel gegen den FC Bayern sogar zum dritten Mal hintereinander ins Finale einziehen. Paradoxerweise hat Zidane gerade jetzt den Erfolg nötig.
Die Saison in der Primera Division verlief enttäuschend und RealPräsidenten haben in Trainerfragen ebenfalls kurze Zündschnüre. Ungeachtet dessen hat der Name Zidane Zukunft bei Real. Zizou, der mit einer ehemaligen Berufstänzerin verheiratet ist, hat vier Söhne, die in den Nachwuchsteams der Königlichen spielen. Experten bescheinigen ihnen väterliches Talent.