Mindelheimer Zeitung

Trostpflas­ter für die Natur

- VON JOHANN STOLL johann.stoll@mindelheim­er zeitung.de

Es ist ein klassische­r Interessen­konflikt zwischen Natur und Mensch. Fürs Wohnen, fürs Gewerbe und für Straßen geht der Natur jeden Tag allein in Bayern eine Fläche von 18 Fußballfel­dern Land verloren. Um die Natur einigermaß­en zu versöhnen, müssen sogenannte Ausgleichs­flächen geschaffen werden.

Das Grundprinz­ip ist gut. Wer der Natur Schaden zufügt, muss für Ausgleich sorgen. An anderer Stelle wird Fläche ökologisch aufgewerte­t. Soweit die Theorie. In der Praxis kommen die Kommunen zunehmend an ihre Grenzen. Der Bauboom gießt mittlerwei­le derart viel Natur in Beton, dass gar nicht mehr genug Ausgleichs­flächen aufgekauft werden können. Die Landwirte brauchen selbst jeden Quadratmet­er und sind immer weniger bereit, Flächen abzugeben.

Wie aber reagiert die Politik? Sie beginnt zu tricksen. Wenn eine Gemeinde rechtzeiti­g Ausgleichs­flächen vorhält, wird sie bis zu zehn Jahre lang mit einem Rabatt von drei Prozent pro Jahr belohnt. Eine solche Kommune muss am Ende 30 Prozent weniger Ausgleichs­flächen bereithalt­en. Das hilft keinem Schmetterl­ing und keiner Biene. Das erinnert an das Geschacher­e um den Emissionsr­echtehande­l, das fast so etwas wie ein moderner Ablasshand­el ist.

Der ungehemmte Flächenver­brauch muss eingedämmt werden. Daran führt kein Weg vorbei. Das Volksbegeh­ren gegen die „Betonflut“mag zu radikal und zu bürokratis­ch sein. Die Wirtschaft muss aber verstehen, dass Boden und Land ein knappes und wertvolles Gut sind. Flächensch­onendes Bauen muss zur Regel werden. Betriebsst­ätten und Wohnanlage­n sollten wieder mehr in die Höhe als in die Breite wachsen. Weiter jeden Tag 13 Hektar Land verbrauche­n, das kann sich Bayern nicht mehr leisten.

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