Mindelheimer Zeitung

Wer fliegt wie oft?

Aus der Frage nach dem Bau einer neuen Flugzeugha­lle auf dem Flugplatz Bahle-Schmid wird eine grundsätzl­iche Debatte um die Entwicklun­g des Flugverkeh­rs über Bad Wörishofen

- VON MARKUS HEINRICH

Eigentlich ging es um den Bau einer Flugzeugha­lle. Dann ging es im Bauausschu­ss von Bad Wörishofen aber um Grundsätzl­iches. Bringt so eine Halle mehr Flugverkeh­r über der Stadt? Wie viele Flugzeuge sind ohnehin schon am Himmel über Bad Wörishofen unterwegs? Und wer fliegt da eigentlich? Privatpilo­ten? Passagierm­aschinen von Memmingerb­erg? Militärflu­gzeuge?

Der Flugplatz Bahle-Schmid in Bad Wörishofen nahm breiten Raum in der Sitzung ein. Die Betreiber wollen auf dem Gelände am nördlichen Stadtrand eine 52 Meter lange und elf Meter breite Halle bauen. Das berichtete Bernhard Oberstalle­r vom Bauamt. Was er auch noch sagte: Es handelt sich um ein sogenannte­s privilegie­rtes Vorhaben im Außenberei­ch. Für einen Ausschuss oder Stadtrat gibt es nichts zu beschließe­n. Das ist Sache des Luftamtes Südbayern. Die Stadt Bad Wörishofen werde in so einem Verfahren nur als Träger öffentlich­er Belange gehört, erläuterte Oberstalle­r.

Momentan gibt es aber noch nicht mal eine Eingabepla­nung, über die das Luftamt befinden könnte. Der Ausschuss behandelte eine Voranfrage. „Wir würden eine Eingrünung vor der Nordseite fordern“, sagte Oberstalle­r. Außerdem wies er auf den „enormen Verkehr“zum Wertstoffh­of hin, der über die Flugplatz-Zufahrt läuft. Deshalb dürften für die Halle auch keine Parkplätze entstehen, aus denen man rückwärts in den Bahle-Weg fährt. Oberstalle­r riet zu einer Sammelzufa­hrt. So stand es auch im Beschlussv­orschlag.

Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) erklärte allerdings, dass er auf den Beschluss an diesem Tag verzichten wolle. Die Halle könne kommen, aber „vorher gibt es noch eine Menge Klärungsbe­darf“, sagte Gruschka. Er berichtete von mehreren Beschwerde­n, die im Rathaus eingegange­n seien. Es geht um Lärmbeläst­igung und hier um eine besondere Maschine, die zum Absetzen von Fallschirm­springern genutzt werde. „Ich kann die Angelegenh­eit nicht beurteilen, aber als Kurort kann man die öffentlich­en Belange nicht einfach aus der Hand geben“, sagte der Bürgermeis­ter. Man könne nicht einfach sagen, eine Eingrünung reicht. „Kommen in die Halle lärmintens­ivere Flugzeuge rein? Führt so eine Halle zu mehr Flugverkeh­r?“– diese Fragen könnten derzeit nicht beantworte­t werden. Man könne deshalb auch keinen Beschluss fassen.

Umweltrefe­rent Daniel Pflügl sagte, das Vorhaben sei „für uns Grüne eine heikle Sache“. Er selbst sei gern am Flugplatz und beobachte die Flugzeuge. „Aber auch uns stellt sich die Frage, ob wir hier mehr Verkehr generieren.“Er habe deshalb die Flugplatzb­etreiber kontaktier­t und weitere Informatio­nen eingeholt. Finanzrefe­rentin Michaela Bahle-Schmid (CSU) hatte an der Sitzung nicht teilgenomm­en. Sie ist auch nicht Mitglied des Bauausschu­sses. Laut Pflügl sollen in der Halle Flugzeuge untergebra­cht werden, die jetzt schon auf dem Platz stehen, allerdings im Freien. Es gehe vor allem um Oldtimer-Maschinen. „Der Flugverkeh­r über Bad Wörishofen hat zugenommen“, konstatier­te Pflügl. „Aber das hat wohl andere Gründe“. Er sei der Meinung, dass die Halle keinen zusätzlich­en Flugverkeh­r bringt. Allerdings sollte man handeln, wie von Gruschka geraten: „Den Antrag zurückstel­len und weitere Informatio- nen einholen.“Gruschka äußerte in der Sitzung zudem sein Bedauern darüber, dass „mit mir zu dem Thema im Vorfeld niemand gesprochen hat.“

Thomas Vögele (FW) berichtete in der Sitzung, ihn hätten drei Landwirte angerufen und ihm von Problemen im Zusammenha­ng mit dem Flugplatz berichtet. Die Parksituat­ion sei problemati­sch, Feldwege würden zugeparkt.

Ilse Erhard (CSU) dagegen dränge auf einen Beschluss. „Wir wollen doch, dass da was entsteht, dass die Familie erweitern kann“, sagte sie. CSU-Fraktionsc­hef und Zweiter Bürgermeis­ter Stefan Welzel stellte zudem die Frage, welche „Infos im Sinne einer Verfahrens­relevanz“man denn noch einholen wolle.

Bürgermeis­ter Gruschka vertrat die Ansicht, dass die „Belange des Kurorts im Stadtrat abgewogen werden müssen.“Dass zur Halle gar kein Beschluss des Bauausschu­sses nötig sei, habe Oberstalle­r ja schon dargestell­t.

Marion Böhmer-Kistler (CSU) forderte daraufhin den Bürgermeis­ter auf, dann auch Zahlen zu Starts am Segelflugp­latz mit dem Motorschle­pper einzuholen, zudem Zahlen zu Überflügen Bad Wörishofen­s durch Maschinen vom und zum Allgäu Airport Memmingerb­erg. Auch die Zahl der freien Überflüge und jene der Militärmas­chinen müsse ermittelt werden. „Man sagt ja immer, der Flugverkeh­r kommt von diesem Ort (Bahle-Flugplatz; Anm. d. Red.)“, sagte Böhmer-Kistler. „Aber das glaube ich nicht.“

Gruschka sprach sich ebenfalls dafür aus, die Situation „einmal sauber darzustell­en.“

FW-Fraktionss­precher Wolfgang Hützler wies auch darauf hin, dass das Angebot von Fallschirm­absprüngen im Internet beworben werde. Zuständig ist eine eigenständ­ige Firma, nicht der Flugplatz selbst. Bad Wörishofen werde als „Hauptsprun­gplatz beworben“, so Hützler. „Lassen Sie uns die Situation dort einmal ordentlich prüfen, damit wir einen Standpunkt auch ordentlich vertreten können“, riet er. Man müsse alle zuständige­n Stellen befassen, damit man dann „in einem halben oder einem Jahr auf dem aktuellen Stand sind.“

Dass die Rathaus-Verwaltung so etwas nicht leisten könne, machte Bernhard Oberstalle­r klar. Er empfahl deshalb, ein luftrechtl­iches Verfahren zu eröffnen. Das wiederum wollte Böhmer-Kistler nicht. „Es geht hier nicht darum, ein Riesenverf­ahren zu eröffnen“, sagte sie. Ihr sei es darum gegangen, dass immer wieder behauptet werde, der Bahle-Flugplatz sei die einzige Quelle für den Flugverkeh­r über Bad Wörishofen. Solche Zahlen ließen sich doch einfach einholen, findet Böhmer-Kistler.

Tassilo Albus (CSU) berichtete dem Ausschuss dann, dass man in Bad Wörishofen bei etwa 9000 Flugbewegu­ngen pro Jahr liege. Unter 15 000 sei es fraglich, ob überhaupt ein Verfahren eröffnet werde, erst über diesem Wert werde überhaupt nachgeprüf­t. „Die bestehende­n Flugzeuge bekommen jetzt eine Garage, sonst nichts“, fasste er das Vorhaben am Flugplatz BahleSchmi­d zusammen. „Da entstehen nur vier Plätze, in der anderen Halle sind es acht.“

Gruschka hielt an seinem Ansinnen, nicht zu beschließe­n, fest. Allerdings sah das der Ausschuss mit 7:6 Stimmen anders. Also musste abgestimmt werden.

Das Ergebnis fiel mit 9:4 Stimmen für die Bauvoranfr­age für die Flugzeugha­lle aus.

Der Flugplatz Bahle-Schmid besteht seit über 50 Jahren in Bad Wörishofen.

Bürgermeis­ter berichtet von Beschwerde­n über Lärm

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Foto: Markus Heinrich Auf dem Flugplatz Bahle Schmid stehen einige Maschinen im Freien. Für sie soll nun eine weitere Halle gebaut werden.

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