Wer fliegt wie oft?
Aus der Frage nach dem Bau einer neuen Flugzeughalle auf dem Flugplatz Bahle-Schmid wird eine grundsätzliche Debatte um die Entwicklung des Flugverkehrs über Bad Wörishofen
Eigentlich ging es um den Bau einer Flugzeughalle. Dann ging es im Bauausschuss von Bad Wörishofen aber um Grundsätzliches. Bringt so eine Halle mehr Flugverkehr über der Stadt? Wie viele Flugzeuge sind ohnehin schon am Himmel über Bad Wörishofen unterwegs? Und wer fliegt da eigentlich? Privatpiloten? Passagiermaschinen von Memmingerberg? Militärflugzeuge?
Der Flugplatz Bahle-Schmid in Bad Wörishofen nahm breiten Raum in der Sitzung ein. Die Betreiber wollen auf dem Gelände am nördlichen Stadtrand eine 52 Meter lange und elf Meter breite Halle bauen. Das berichtete Bernhard Oberstaller vom Bauamt. Was er auch noch sagte: Es handelt sich um ein sogenanntes privilegiertes Vorhaben im Außenbereich. Für einen Ausschuss oder Stadtrat gibt es nichts zu beschließen. Das ist Sache des Luftamtes Südbayern. Die Stadt Bad Wörishofen werde in so einem Verfahren nur als Träger öffentlicher Belange gehört, erläuterte Oberstaller.
Momentan gibt es aber noch nicht mal eine Eingabeplanung, über die das Luftamt befinden könnte. Der Ausschuss behandelte eine Voranfrage. „Wir würden eine Eingrünung vor der Nordseite fordern“, sagte Oberstaller. Außerdem wies er auf den „enormen Verkehr“zum Wertstoffhof hin, der über die Flugplatz-Zufahrt läuft. Deshalb dürften für die Halle auch keine Parkplätze entstehen, aus denen man rückwärts in den Bahle-Weg fährt. Oberstaller riet zu einer Sammelzufahrt. So stand es auch im Beschlussvorschlag.
Bürgermeister Paul Gruschka (FW) erklärte allerdings, dass er auf den Beschluss an diesem Tag verzichten wolle. Die Halle könne kommen, aber „vorher gibt es noch eine Menge Klärungsbedarf“, sagte Gruschka. Er berichtete von mehreren Beschwerden, die im Rathaus eingegangen seien. Es geht um Lärmbelästigung und hier um eine besondere Maschine, die zum Absetzen von Fallschirmspringern genutzt werde. „Ich kann die Angelegenheit nicht beurteilen, aber als Kurort kann man die öffentlichen Belange nicht einfach aus der Hand geben“, sagte der Bürgermeister. Man könne nicht einfach sagen, eine Eingrünung reicht. „Kommen in die Halle lärmintensivere Flugzeuge rein? Führt so eine Halle zu mehr Flugverkehr?“– diese Fragen könnten derzeit nicht beantwortet werden. Man könne deshalb auch keinen Beschluss fassen.
Umweltreferent Daniel Pflügl sagte, das Vorhaben sei „für uns Grüne eine heikle Sache“. Er selbst sei gern am Flugplatz und beobachte die Flugzeuge. „Aber auch uns stellt sich die Frage, ob wir hier mehr Verkehr generieren.“Er habe deshalb die Flugplatzbetreiber kontaktiert und weitere Informationen eingeholt. Finanzreferentin Michaela Bahle-Schmid (CSU) hatte an der Sitzung nicht teilgenommen. Sie ist auch nicht Mitglied des Bauausschusses. Laut Pflügl sollen in der Halle Flugzeuge untergebracht werden, die jetzt schon auf dem Platz stehen, allerdings im Freien. Es gehe vor allem um Oldtimer-Maschinen. „Der Flugverkehr über Bad Wörishofen hat zugenommen“, konstatierte Pflügl. „Aber das hat wohl andere Gründe“. Er sei der Meinung, dass die Halle keinen zusätzlichen Flugverkehr bringt. Allerdings sollte man handeln, wie von Gruschka geraten: „Den Antrag zurückstellen und weitere Informatio- nen einholen.“Gruschka äußerte in der Sitzung zudem sein Bedauern darüber, dass „mit mir zu dem Thema im Vorfeld niemand gesprochen hat.“
Thomas Vögele (FW) berichtete in der Sitzung, ihn hätten drei Landwirte angerufen und ihm von Problemen im Zusammenhang mit dem Flugplatz berichtet. Die Parksituation sei problematisch, Feldwege würden zugeparkt.
Ilse Erhard (CSU) dagegen dränge auf einen Beschluss. „Wir wollen doch, dass da was entsteht, dass die Familie erweitern kann“, sagte sie. CSU-Fraktionschef und Zweiter Bürgermeister Stefan Welzel stellte zudem die Frage, welche „Infos im Sinne einer Verfahrensrelevanz“man denn noch einholen wolle.
Bürgermeister Gruschka vertrat die Ansicht, dass die „Belange des Kurorts im Stadtrat abgewogen werden müssen.“Dass zur Halle gar kein Beschluss des Bauausschusses nötig sei, habe Oberstaller ja schon dargestellt.
Marion Böhmer-Kistler (CSU) forderte daraufhin den Bürgermeister auf, dann auch Zahlen zu Starts am Segelflugplatz mit dem Motorschlepper einzuholen, zudem Zahlen zu Überflügen Bad Wörishofens durch Maschinen vom und zum Allgäu Airport Memmingerberg. Auch die Zahl der freien Überflüge und jene der Militärmaschinen müsse ermittelt werden. „Man sagt ja immer, der Flugverkehr kommt von diesem Ort (Bahle-Flugplatz; Anm. d. Red.)“, sagte Böhmer-Kistler. „Aber das glaube ich nicht.“
Gruschka sprach sich ebenfalls dafür aus, die Situation „einmal sauber darzustellen.“
FW-Fraktionssprecher Wolfgang Hützler wies auch darauf hin, dass das Angebot von Fallschirmabsprüngen im Internet beworben werde. Zuständig ist eine eigenständige Firma, nicht der Flugplatz selbst. Bad Wörishofen werde als „Hauptsprungplatz beworben“, so Hützler. „Lassen Sie uns die Situation dort einmal ordentlich prüfen, damit wir einen Standpunkt auch ordentlich vertreten können“, riet er. Man müsse alle zuständigen Stellen befassen, damit man dann „in einem halben oder einem Jahr auf dem aktuellen Stand sind.“
Dass die Rathaus-Verwaltung so etwas nicht leisten könne, machte Bernhard Oberstaller klar. Er empfahl deshalb, ein luftrechtliches Verfahren zu eröffnen. Das wiederum wollte Böhmer-Kistler nicht. „Es geht hier nicht darum, ein Riesenverfahren zu eröffnen“, sagte sie. Ihr sei es darum gegangen, dass immer wieder behauptet werde, der Bahle-Flugplatz sei die einzige Quelle für den Flugverkehr über Bad Wörishofen. Solche Zahlen ließen sich doch einfach einholen, findet Böhmer-Kistler.
Tassilo Albus (CSU) berichtete dem Ausschuss dann, dass man in Bad Wörishofen bei etwa 9000 Flugbewegungen pro Jahr liege. Unter 15 000 sei es fraglich, ob überhaupt ein Verfahren eröffnet werde, erst über diesem Wert werde überhaupt nachgeprüft. „Die bestehenden Flugzeuge bekommen jetzt eine Garage, sonst nichts“, fasste er das Vorhaben am Flugplatz BahleSchmid zusammen. „Da entstehen nur vier Plätze, in der anderen Halle sind es acht.“
Gruschka hielt an seinem Ansinnen, nicht zu beschließen, fest. Allerdings sah das der Ausschuss mit 7:6 Stimmen anders. Also musste abgestimmt werden.
Das Ergebnis fiel mit 9:4 Stimmen für die Bauvoranfrage für die Flugzeughalle aus.
Der Flugplatz Bahle-Schmid besteht seit über 50 Jahren in Bad Wörishofen.
Bürgermeister berichtet von Beschwerden über Lärm