Hoch lebe die Politikverdrossenheit!
Ja, das ist schon so eine Sache mit diesen Bürgern. Da gibt man sich als Kommunalpolitiker doch schon alle Mühe und redet sich die Köpfe heiß über ein Thema, das sowieso nur ein paar Dutzend junge Familien betrifft. Und dann sind diese Leute auch noch undankbar und hinterfragen alles, rechnen nach, stellen Behauptungen auf und haben eine eigene Meinung – und auch noch eine andere als der Gemeinderat! Das geht so ja wohl gar nicht... Spaß beiseite. Der Türkheimer Gemeinderat hat eine Entscheidung getroffen: Die Kindergartengebühren werden erhöht. Basta. Das kann man nun gut oder schlecht, richtig oder falsch finden.
Die betroffenen Familien finden es – wen wundert’s – schlecht und falsch. Vor allem berufstätige Mütter fühlen sich benachteiligt, weil ausgerechet die langen Betreuungszeiten überdurchschnittlich teurer werden, auf die sie so angewiesen sind. Darüber hat sich in den vergangenen Wochen auch in den sozialen Netzwerken eine hitzige Diskussion entwickelt. Vieles, was dort den Gemeinderäten vorgeworfen wurde, war vielleicht zu emotional, teilweise unter der Gürtellinie und manchmal einfach auch Quatsch.
Aber es zeigte sich sehr deutlich, dass dieses Thema viele Türkheimer viel mehr umtreibt, als es die Ratsmehrheit wohl erwartet hatte. Zweimal haben die Kommunalpolitiker bereits kontrovers diskutiert und eine Entscheidung getroffen. Offensichtlich waren es viele Türkheimer Gemeinderäte jetzt einfach leid, sich dem Druck der Öffentlichkeit zu beugen, den eigenen Beschluss noch einmal infrage zu stellen, weiter zu diskutieren – ein drittes, viertes Mal – die Eltern anzuhören und ernst zu nehmen. Und, ja: wenn nötig, sogar den eigenen Beschluss zu kippen.
Der Türkheimer Gemeinderat und die Rathausverwaltung haben eine Gelegenheit verpasst, die Sorgen vieler Türkheimer ernst zu nehmen und Größe zu zeigen. Statt sich noch einmal mit den Eltern an einen Tisch zu setzen, wurden deren Einwände brüsk und von oben herab abgeschmettert. Das wird das Vertrauen der jungen Bürgerinnen und Bürger in „ihre“Kommunalpolitiker kaum stärken. Schade.