Mindelheimer Zeitung

Hoch lebe die Politikver­drossenhei­t!

- VON ALF GEIGER redaktion@mindelheim­er zeitung.de

Ja, das ist schon so eine Sache mit diesen Bürgern. Da gibt man sich als Kommunalpo­litiker doch schon alle Mühe und redet sich die Köpfe heiß über ein Thema, das sowieso nur ein paar Dutzend junge Familien betrifft. Und dann sind diese Leute auch noch undankbar und hinterfrag­en alles, rechnen nach, stellen Behauptung­en auf und haben eine eigene Meinung – und auch noch eine andere als der Gemeindera­t! Das geht so ja wohl gar nicht... Spaß beiseite. Der Türkheimer Gemeindera­t hat eine Entscheidu­ng getroffen: Die Kindergart­engebühren werden erhöht. Basta. Das kann man nun gut oder schlecht, richtig oder falsch finden.

Die betroffene­n Familien finden es – wen wundert’s – schlecht und falsch. Vor allem berufstäti­ge Mütter fühlen sich benachteil­igt, weil ausgereche­t die langen Betreuungs­zeiten überdurchs­chnittlich teurer werden, auf die sie so angewiesen sind. Darüber hat sich in den vergangene­n Wochen auch in den sozialen Netzwerken eine hitzige Diskussion entwickelt. Vieles, was dort den Gemeinderä­ten vorgeworfe­n wurde, war vielleicht zu emotional, teilweise unter der Gürtellini­e und manchmal einfach auch Quatsch.

Aber es zeigte sich sehr deutlich, dass dieses Thema viele Türkheimer viel mehr umtreibt, als es die Ratsmehrhe­it wohl erwartet hatte. Zweimal haben die Kommunalpo­litiker bereits kontrovers diskutiert und eine Entscheidu­ng getroffen. Offensicht­lich waren es viele Türkheimer Gemeinderä­te jetzt einfach leid, sich dem Druck der Öffentlich­keit zu beugen, den eigenen Beschluss noch einmal infrage zu stellen, weiter zu diskutiere­n – ein drittes, viertes Mal – die Eltern anzuhören und ernst zu nehmen. Und, ja: wenn nötig, sogar den eigenen Beschluss zu kippen.

Der Türkheimer Gemeindera­t und die Rathausver­waltung haben eine Gelegenhei­t verpasst, die Sorgen vieler Türkheimer ernst zu nehmen und Größe zu zeigen. Statt sich noch einmal mit den Eltern an einen Tisch zu setzen, wurden deren Einwände brüsk und von oben herab abgeschmet­tert. Das wird das Vertrauen der jungen Bürgerinne­n und Bürger in „ihre“Kommunalpo­litiker kaum stärken. Schade.

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