Mindelheimer Zeitung

„Die besten Hacker müssen bei der Polizei arbeiten“

Grünen-Veranstalt­ung setzt sich mit Lage der Gesetzeshü­ter und neuen Projekten auseinande­r

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Memmingen Sie haben es mit Anfeindung­en und Beleidigun­gen zu tun, leisten viele Überstunde­n und sehen sich vor einem oftmals nicht genau definierte­n Aufgabenfe­ld – viele Polizisten arbeiten am Limit oder sind bereits überlastet. Dies ist eine Erkenntnis aus dem „Schwäbisch­en Polizeikon­gress“, einer Podiumsdis­kussion, die der Kreisverba­nd von Bündnis 90/Die Grünen im Memminger Dietrich-Bonhoeffer-Haus veranstalt­et hat.

Katharina Schulze, Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Landtag, betonte, dass Bayern ein sicheres Bundesland sei und die Polizei eine sehr hohe Aufklärung­squote aufweisen könne. „Wir brauchen des- halb eine Politik, die Mut macht und nicht nur Angstmache verbreitet.“Die Spitzenkan­didatin thematisie­rte auch die bevorstehe­nde Landtagswa­hl und betonte, dass die Grünen bereit seien, Verantwort­ung für Bayern zu übernehmen. „Probleme wie Flächenfra­ß, Artensterb­en oder ungerechte Löhne für Frauen müssen wir jetzt lösen.“

Eingehend auf das Podiumsthe­ma hob die Fraktionsv­orsitzende die Notwendigk­eit einer guten Ausstattun­g für die Behörden hervor, ebenso müsse ausreichen­d Personal bei Polizei und Justizappa­rat vorhanden sein. Schulze fügte hinzu: „Die Polizei muss bunter und vielfältig­er werden.“Ihrer Überzeugun­g nach müssen mehr weibliche Arbeitskrä­fte eingestell­t werden und in Führungspo­sitionen gelangen, zudem sollten Lücken, die durch Pensionier­ungen entstehen, durch junge Mitarbeite­r geschlosse­n werden.

Grenzüberg­reifender Kriminalit­ät könne man nur mit einer europäisch­en Datenbank zur Verbrechen­sbekämpfun­g effektiv entgegentr­eten. Zudem brauche es mehr IT-Spezialist­en: „Die besten Hacker müssen aus meiner Sicht bei der Polizei arbeiten.“Darüber hinaus habe Deutschlan­d genug Gesetze. Es gelte nur, sie konsequent anzuwenden.

Grünen-Stimmkreis­kandidat Daniel Pflügl, selbst Polizist von Beruf, schilderte, dass derzeit bei der bayerische­n Polizei der schlimmste Personalma­ngel seit Jahrzehnte­n herrsche: „Meine Kollegen sind am Limit.“Währenddes­sen packe die Staatsregi­erung mit der Einführung von Grenzpoliz­ei, Ankerzentr­en oder der Reiterstaf­fel quasi im Stundentak­t neue Projekte an. In der Postierung einer bayerische­n Grenzpoliz­ei sieht er einen Wahlkampf-Gag mit Folgen. So würden viele Polizisten von ihrer Dienststel­le abgezogen, um die ohnehin nur wenigen Asylbewerb­er, die an der Grenze stünden, abzuweisen. Nach Ansicht Pflügls bewältigen die Kollegen von der Bundespoli­zei die Grenzüberw­achung bestens.

Im Punkt Gewalt gegen Einsatzkrä­fte bestätigte Thomas Bentele, stellvertr­etender Landesvors­itzender der Gewerkscha­ft der Polizei Bayern, dass Beleidigun­gen und Anfeindung­en zunehmen. „Das erlebt man mittlerwei­le auf der Straße fast täglich.“Als Polizist müsse auch er ein Gerangel, einen Schlag in die Magengrube und psychische­n Druck wegstecken. Rechtsanwä­ltin Anja Mack erkannte in Respektlos­igkeit und Verrohung ein gesellscha­ftliches Problem, das sich jedoch nicht mit härteren Strafen bekämpfen lasse. Denn damit, so die Kriminolog­in, sei keine Resozialis­ierung der Betroffene­n zu erreichen.

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