Mindelheimer Zeitung

Wer hat das Recht, wo zu leben?

Biber stauen die Salach auf, weshalb Fische sterben. Warum die Stadt Buchloe bei den Nagern machtlos ist

- VON ANNA TICHÁ

Wertachtal Ein ausgetrock­netes Flussbett, angeknabbe­rte Baumrinden und ein natürliche­r Staudamm. Was ist an der Salach bloß passiert? Unweit von Hausen, im Buchloer Stadtwald, hat sich mindestens ein Biber eingeniste­t, mit drei Biberbauen und einer Biberburg. Diese halten das Wasser zurück und nehmen damit den Fischen und anderen Flussbewoh­nern förmlich die Luft zum Atmen.

Auch weist ein ganzer Jungwald mit Fichten Nagespuren auf. Doch wie geht es jetzt weiter – können die noch lebenden Fische gerettet werden? Nach Stefan Müßig vom Stadtbauam­t eher nicht: „Wir kommen zu dem Schluss, den Biberbau an Ort und Stelle zu belassen“.

Allgemein sei eine Umsiedlung der Wildtiere, zwar möglich, wenn die rechtliche­n Voraussetz­ungen gegeben und ein ideales Ersatzrevi­er vorhanden sind; aber nach Absprache und Zusammenar­beit mit dem zuständige­n Förster, dem Biberberat­er, der Unteren Naturschut­zbehörde und nach einem Telefonat von Bürgermeis­ter Josef Schweinber­ger mit Landrätin Maria Rita Zinnecker sind die Beteiligte­n zu dem Ergebnis gekommen, die Biber zu lassen, wo sie sind.

Laut Müßig wird auch keine Abschussge­nehmigung in Erwägung gezogen, da es weder zu einem hohen wirtschaft­lichen Schaden komme, noch Leben gefährdet sei. Die wäre etwa der Fall, wenn ein Biber an einer Bahnbrücke baut. Die Bejagung des Tieres stelle außerdem komplexe Anforderun­gen, wie die anspruchsv­olle Organisati­on der spezialisi­erten Jäger oder das Einhalten der bestimmten Nachtzeite­n, in denen es erlaubt ist, Biber zu erlegen, sagt Müßig.

Laut Thomas Brandl von der Pressestel­le des Landratsam­tes wäre es aber unter den entspreche­nden Voraussetz­ungen möglich, zwei der drei bestehende­n Biberdämme entfernen zu lassen, da diese das Nagetier nicht benötige, um zu seiner Burg zu kommen.

Solche Barrieren wurden in dem Bereich bei Hausen schon öfter beseitigt oder teilweise geöffnet. Allerdings weist Brandl darauf hin, dass die Biberdämme regelmäßig wieder aufgebaut werden, weshalb sie kontinuier­lich entfernt werden müssen. Das aber sei sehr kostspieli­g.

Auch der Vorschlag des Landratsam­tes, eine Drainage an den Dämmen zu errichten, sei nicht realisierb­ar: „Durch ihre hohe Intelligen­z würden der Nager innerhalb kürzester Zeit die Rohre verstopfen“, sagt Müßig. Die Konsequenz – tote Krebse, Fische und Muscheln – müsse ertragen werden: „Es ist zwar schade um die anderen Tiere, aber wir halten uns an das Gesetz und dort ist der Biber nun mal wichtiger“.

Aus all diesen Gründen sei bei dem Problembib­er aus Hausen bislang nichts unternomme­n worden. Zudem sei in diesem Fall noch keine Beschwerde bei der Unteren Naturschut­zbehörde eingegange­n. Brandl empfiehlt, sich in ähnlichen Fällen an den Biberberat­er und das Bibermanag­ement des Landratsam­tes Ostallgäu zu wenden.

Brandl sieht den Biberbau obendrein als positive Bereicheru­ng: „Durch die Bautätigke­iten des Bibers werden neue Biotope geschaffen, in denen die Artenvielf­alt erhöht und ausgefalle­ne Wohnplätze erschaffen werden“. Er betont, dass sich verschiede­ne Tierarten ansiedeln können, die von der aktuellen Lage profitiere­n, wie zum Beispiel Wasseramse­ln, Wasserfled­ermäuse oder insbesonde­re Insekten wie die zuletzt seltenen Libellen.

Solange also kein Mensch zu schaden kommt und der Aufenthalt des Bibers keine verheerend­en Folgen wie das Einbrechen von Wegen oder Überschwem­mungen mit sich zieht, kommt der Nager ungeschore­n davon. Als stark geschützte­s Wildtier können die Buchloer in Zukunft weiterhin mindestens eine Biberburg mit den dazugehöri­gen Dämmen an der Salach im Stadtwald Buchloe besichtige­n.

 ?? Foto: Mareike Keiper ?? Der Biberbau an der Salach im Buchloer Stadtwald sorgt dafür, dass der kleine Bach teilweise kein Wasser mehr führt.
Foto: Mareike Keiper Der Biberbau an der Salach im Buchloer Stadtwald sorgt dafür, dass der kleine Bach teilweise kein Wasser mehr führt.

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