Mindelheimer Zeitung

Dorfkinder sind härter im Nehmen

- VON DANIELA POLZER

Blumenried Wald, Wiese, Feldweg, kein Handyempfa­ng und da wohne ich dann. So beschreibe ich meistens meinen Wohnort auf dem Land. Nur damit ein Außenstehe­nder auch wirklich ein Gefühl dafür bekommt, wie abseits ich aufgewachs­en bin. Für viele ist das eine schrecklic­he Vorstellun­g. Ich kenne es allerdings nicht anders und habe es immer als etwas Positives empfunden, das „Kind vom Land“zu sein.

Gerade wenn man noch kleiner ist, gibt es nichts Schöneres, als im Wald Hütten aus Ästen zu bauen oder im Garten Beeren von den Sträuchern zu essen. Ein Privileg, das mir erst später bewusst wurde, als ich die kleinen Vorgärten meiner Schulfreun­de gesehen habe.

Außerdem wissen wir Kinder auf dem Land, dass der Spinat nicht viereckig und eine Kuh nicht lila ist. Wenn man mit Haustieren und einem eigenen Garten aufwächst, dann bekommt man ein viel besseres Gefühl für Lebensmitt­el und deren Herkunft.

Auf dem Land gibt es immer Platz zum Spielen, Fahrradfah­ren und Austoben. Man kann mit Mopeds und Quads über die abgemähten Wiesen fahren und niemanden stört es. Auf dem Dorf leben die Eltern auch nicht in ständiger Angst, dass ihr Kleiner von einem Auto überfahren wird. Bei uns geht es einfach ruhiger zu. Diese Ruhe weiß man als kleines Kind vielleicht nicht unbedingt zu schätzen, aber wenn man später arbeiten geht, dann ist das einfach genial. Am Abend kann man entspannt auf der Terrasse sitzen und sich unterhalte­n – ohne, dass der Nachbar auf der anderen Seite des Zaunes alles mithören kann. Viele, die in der Stadt wohnen, kritisiere­n am Leben auf dem Land, dass wenige oder gar keine Verkehrsan­bindungen vorhanden sind. Meine Mutter fand es allerdings nie schlimm, meinen Bruder und mich ins Training oder zum Reiten zu fahren. Schließlic­h habe sie von Anfang an gewusst, was auf sie zukommt, wenn sie aufs Land zieht. Von den Partys hat mich dann später mein großer Bruder abgeholt. Ins Freibad sind wir vorher schon mit dem Fahrrad gefahren und jeder von uns hat diese unglaublic­h weiten Strecken überlebt. Manche Leute behaupten ja, Kinder vom Land seien härter im Nehmen – da könnte tatsächlic­h etwas dran sein...

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