Urlaub mal anders
Oma, Mama und Kinder machen sich mit einem Pferdegespann auf den Weg. In Mindelheim sind sie die Attraktion. Was die vier Baden-Württemberger bislang erlebt haben
Man kann mit dem Auto in den Urlaub fahren oder fliegen – oder man macht es wie Familie Liebelt. Die ist gerade mit dem Planwagen unterwegs.
Mindelheim Die einen fliegen mit dem Jet um die halbe Welt auf der Suche nach den letzten Paradiesen dieser Erde. Die anderen reihen sich ein in die Blechlawine auf den Autobahnen in Vorfreude auf erholsame Ferien am Mittelmeer. Aber es gibt noch eine Form des Reisens, eine viel entspanntere: die von Familie Liebelt aus der Nähe von Calw im Nordschwarzwald. Sie zuckelt mit zwei Pferdestärken übers Land und gewinnt so ganz intensive Eindrücke von Land und Leuten.
Am 1. August haben sich Franziska Liebelt, ihre Tochter Nicole und die neun und sieben Jahre alten Enkelkinder Lasse und Laurin auf den Weg gemacht. Vor ihren „Zigeunerexpress“haben sie die Tennessee Walking Horses gespannt, und los ging die Reise mit dem Pferdegespann. Immer schön auf Nebenstraßen und über Feld- und Waldwege machten sich die vier über die Schwäbische Alb nach Osten auf den Weg. Übernachtet haben sie immer auf ihrer Kutsche und im Zelt, in abgelegenen Dörfern, wo sie von netten Menschen ein Plätzchen auf ihrem Grund zugewiesen bekamen. Oma Franziska Liebelt sagt: „Wir kommen als Fremde und fahren als Freunde.“
Vor sieben Jahren haben die Liebelts erstmals begonnen, mit ihrer Kutsche Deutschland zu erkunden. Ihre weiteste Fahrt führte von Calw über Offenburg bis über die Lüneburger Heide nach Bremen. Jetzt also ist Süddeutschland dran. Nach acht Tagen waren sie über Erkheim in Mindelheim angekommen und sorgten für einen kleinen Auflauf an der Nordsee. Das war besonders für die beiden Buben eine erfrischende Zwischenstation. Aber auch die beiden Pferde, die die Hitze ziemlich geschlaucht hat, durften ins Wasser. Die Kutsche und die Tiere lockten die Badegäste an, die diese ungewöhnliche Reisegruppe bestaunten. Die Liebelts fanden das große Klasse, auf wie viel Begeisterung sie bei den Mindelheimern gestoßen sind.
Sie haben mit dieser Form des Reisens bisher nur gute Erfahrungen gemacht. „Die Menschen sind uns sehr wohlgesonnen“, sagt Nicole Liebelt, die als Sekretärin in einer Schule arbeitet. Auch die übrigen Verkehrsteilnehmer nehmen viel Rücksicht. Ein Lastwagenfahrer, erzählt ihre Mutter, habe extra angehalten hat, um ein Foto von der netten Reisegruppe zu machen.
Einen Nachteil hat diese Form des Reisens übers Land aber schon. Es ist oft nicht leicht, einen Supermarkt oder eine Gaststätte zu finden. Die Liebelts erleben also hautnah, wie es vielen Dorfbewohnern inzwischen geht, die weit fahren müssen, um sich mit Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen.
Die beiden Jungs sind von ihrer Abenteuerfahrt nicht weniger begeistert als Mama und Oma. Nur auf die ungebetenen Mitreisenden, die Steckmücken, könnten sie gerne verzichten, wie Laurin erzählt.
Nach ihrem Abstecher in Mindelheim haben die vier in Rammingen übernachtet und sich dort einen Ruhetag gegönnt. Der Allgäu Skyline Park lag auch zu verlockend direkt auf dem Weg. Da durften sich die beiden Buben am Donnerstag austoben. Und auch den Pferden wollte die Reisegruppe unbedingt mal wieder eine Pause gönnen.
Nun geht es für die vierköpfige Familie Liebelt weiter in Richtung Osten. In gut einer Woche wollen sie am Ziel sein, dem Chiemsee. Zurück in den Schwarzwald werden Mensch und Tiere dann aber komfortabler reisen. Pferde und Kutsche lassen sie abholen.