Mindelheimer Zeitung

Urlaub mal anders

Oma, Mama und Kinder machen sich mit einem Pferdegesp­ann auf den Weg. In Mindelheim sind sie die Attraktion. Was die vier Baden-Württember­ger bislang erlebt haben

- VON JOHANN STOLL

Man kann mit dem Auto in den Urlaub fahren oder fliegen – oder man macht es wie Familie Liebelt. Die ist gerade mit dem Planwagen unterwegs.

Mindelheim Die einen fliegen mit dem Jet um die halbe Welt auf der Suche nach den letzten Paradiesen dieser Erde. Die anderen reihen sich ein in die Blechlawin­e auf den Autobahnen in Vorfreude auf erholsame Ferien am Mittelmeer. Aber es gibt noch eine Form des Reisens, eine viel entspannte­re: die von Familie Liebelt aus der Nähe von Calw im Nordschwar­zwald. Sie zuckelt mit zwei Pferdestär­ken übers Land und gewinnt so ganz intensive Eindrücke von Land und Leuten.

Am 1. August haben sich Franziska Liebelt, ihre Tochter Nicole und die neun und sieben Jahre alten Enkelkinde­r Lasse und Laurin auf den Weg gemacht. Vor ihren „Zigeunerex­press“haben sie die Tennessee Walking Horses gespannt, und los ging die Reise mit dem Pferdegesp­ann. Immer schön auf Nebenstraß­en und über Feld- und Waldwege machten sich die vier über die Schwäbisch­e Alb nach Osten auf den Weg. Übernachte­t haben sie immer auf ihrer Kutsche und im Zelt, in abgelegene­n Dörfern, wo sie von netten Menschen ein Plätzchen auf ihrem Grund zugewiesen bekamen. Oma Franziska Liebelt sagt: „Wir kommen als Fremde und fahren als Freunde.“

Vor sieben Jahren haben die Liebelts erstmals begonnen, mit ihrer Kutsche Deutschlan­d zu erkunden. Ihre weiteste Fahrt führte von Calw über Offenburg bis über die Lüneburger Heide nach Bremen. Jetzt also ist Süddeutsch­land dran. Nach acht Tagen waren sie über Erkheim in Mindelheim angekommen und sorgten für einen kleinen Auflauf an der Nordsee. Das war besonders für die beiden Buben eine erfrischen­de Zwischenst­ation. Aber auch die beiden Pferde, die die Hitze ziemlich geschlauch­t hat, durften ins Wasser. Die Kutsche und die Tiere lockten die Badegäste an, die diese ungewöhnli­che Reisegrupp­e bestaunten. Die Liebelts fanden das große Klasse, auf wie viel Begeisteru­ng sie bei den Mindelheim­ern gestoßen sind.

Sie haben mit dieser Form des Reisens bisher nur gute Erfahrunge­n gemacht. „Die Menschen sind uns sehr wohlgesonn­en“, sagt Nicole Liebelt, die als Sekretärin in einer Schule arbeitet. Auch die übrigen Verkehrste­ilnehmer nehmen viel Rücksicht. Ein Lastwagenf­ahrer, erzählt ihre Mutter, habe extra angehalten hat, um ein Foto von der netten Reisegrupp­e zu machen.

Einen Nachteil hat diese Form des Reisens übers Land aber schon. Es ist oft nicht leicht, einen Supermarkt oder eine Gaststätte zu finden. Die Liebelts erleben also hautnah, wie es vielen Dorfbewohn­ern inzwischen geht, die weit fahren müssen, um sich mit Dingen des täglichen Bedarfs zu versorgen.

Die beiden Jungs sind von ihrer Abenteuerf­ahrt nicht weniger begeistert als Mama und Oma. Nur auf die ungebetene­n Mitreisend­en, die Steckmücke­n, könnten sie gerne verzichten, wie Laurin erzählt.

Nach ihrem Abstecher in Mindelheim haben die vier in Rammingen übernachte­t und sich dort einen Ruhetag gegönnt. Der Allgäu Skyline Park lag auch zu verlockend direkt auf dem Weg. Da durften sich die beiden Buben am Donnerstag austoben. Und auch den Pferden wollte die Reisegrupp­e unbedingt mal wieder eine Pause gönnen.

Nun geht es für die vierköpfig­e Familie Liebelt weiter in Richtung Osten. In gut einer Woche wollen sie am Ziel sein, dem Chiemsee. Zurück in den Schwarzwal­d werden Mensch und Tiere dann aber komfortabl­er reisen. Pferde und Kutsche lassen sie abholen.

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Mit Pferden und Planwagen ist Familie Liebelt aus der Nähe von Calw im Nordschwar­zwald unterwegs in Richtung Chiemsee. Das ungewöhnli­che Gespann hat Johann Stoll hier bei Nassenbeur­en fotografie­rt.
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Fotos: Stoll (2), Helga Nikodem Ein Planwagen, drei Generation­en: (von links) Franziska Liebelt, Lasse, Laurin und Nicole Liebelt.
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Die Mindelheim­er Nordsee haben Mensch und Tier zum Abkühlen genutzt.

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