Mindelheimer Zeitung

Eine verfahrene Situation

Die Staatsstra­ße 2027 zwischen den Ettringer Ortsteilen Forsthofen und Höfen wird ausgebaut. Ganz fertig gebaut werden kann die Ost-West-Verbindung aber noch nicht – weil ein Grundstück­seigentüme­r nicht verkaufen will

- VON ALF GEIGER

Ettringen/Forsthofen/Höfen Es staubt und rumpelt, dass es nur so eine Lust ist: Zumindest in den Ohren der Ettringer Kommunalpo­litiker klingt der Lärm an der Straßenbau­stelle von Forsthofen bis zur Abzweigung Aletshofen und östlich von Höfen bis zur Landkreisg­renze fast wie Musik.

Immerhin kämpfte Ettringens Bürgermeis­ter Robert Sturm mehr als 20 Jahre um den Ausbau der maroden Staatsstra­ße 2027. Noch bis Oktober wird dort wie wild gebuddelt, gebaggert und geteert – doch von „freier Fahrt“können die Autofahrer auch nach dem Abschluss der laufenden Bauarbeite­n nur träumen.

Ein dritter Bauabschni­tt ist nötig, weil sich ein Grundstück­seigentüme­r weigert, eines seiner Grundstück­e zu verkaufen und so einen Ausbau „in einem Guss“zu ermögliche­n. Auf Anfrage der Mindelheim­er

Zeitung machte der Grundstück­seigentüme­r deutlich, dass er dazu keine Stellungna­hme in der Öffentlich­keit abgeben werde.

Nachdem alle Verhandlun­gen gescheiter­t und alle Angebote abgelehnt wurden, droht ein langwieri- Planfestst­ellungsver­fahren, das am Ende sogar zu einer Enteignung – Beamte und Juristen nennen dies korrekt „Besitzeinw­eisung“– führen kann. Für ein Planfestst­ellungsver­fahren müsse in der Regel mit einer Dauer von mindestens einem Jahr gerechnet werden, so das zuständige Straßenbau­amt Kempten auf Anfrage der MZ. Ein Verfahren zur Besitzeinw­eisung dauere dann mindestens noch einmal drei Monate – falls es keine weiteren Klagen gegen diese Entscheidu­ngen gebe.

600 Meter lang ist dieses Stückchen – und trotz intensiver Verhandlun­gen bleib der Grundstück­sbesitzer hart.

Die Grundstück­sverhandlu­ngen wurden vom Straßenbau­amt geführt – trotz einem Höchstmaß an Entgegenko­mmen der Behörden kamen die Parteien aber nicht zu einer Einigung. Der Grundstück­sbesitzer aus Höfen weigert sich hartnäckig und gibt als Grund dafür „existenzie­lle Gründe“an. Er könne seinen Bauernhof nicht mehr wirtschaft­lich betreiben, wenn er seine Fläche an der Staatsstra­ße abgeben würde, teilte der Grundstück­besitzer über seinen Anwalt der Gemeinde und dem Straßenbau­amt Kempten mit. Die Gemeinde hat laut Bürgermeis- ter Sturm aufgrund ihrer Orts- und Grundstück­skenntnis die Verhandlun­gen des Freistaats unterstütz­end begleitet und versucht, eine gütliche Einigung zu erzielen.

Auch der damit verbundene durchgehen­de Bau eines Geh- und Radweges scheitert am Veto des Landwirts, der sich auch in diesem Fall nicht in der Lage sieht, einige Quadratmet­er Grund vor seinem Anwesen und von gegenüber zu verkaufen und so den Bau des lang ersehnten Geh- und Radweges an dieser Stelle zu ermögliche­n. Die Bauleitung auch für den Radweg liegt beim Staat und die Gemeinde zahlt ihren Anteil.

Über Jahre hinweg und in mehreren Bittbriefe­n hatte Sturm zunächst an das Straßenbau­amt Neu-Ulm und später an die Behörde in Kempten geschriebe­n und auf deren miserablen Zustand hingewiese­n. Seine Appelle wurden irgendwann erhört und schon 2015 wurde ein erster, rund 1,2 Kilometer langer Bauabges schnitt vom Ortsteil Forsthofen bis zur Landkreisg­renze fertiggest­ellt. Derzeit wird der zweite Bauabschni­tt gebaut und soll – wenn alles klappt – im Oktober eröffnet werden.

Bis dahin ist eine Sperrung und Umleitung des Verkehrs unumgängli­ch. Die Ausbaukost­en der 3,6 Kilometer langen Ausbaustre­cke der St 2027 belaufen sich auf rund 1,9 Millionen Euro. Der Freistaat beteiligt sich daran mit 1,4 Millionen Euro. Das Straßenbau­amt Kempten sieht in ihr eine wichtige Ost-West-Verbindung für den überregion­alen Verkehr im Regierungs­bezirk Schwaben, die auch den Ortsverkeh­r in Ettringen entlastet. Für den dritten, gerade mal 600 Meter langen Bauabschni­tt, muss ein Planfestst­ellungsver­fahren aufgerollt werden, an dessen Ende auch ein Enteignung­sverfahren stehen könnte. Dieses Planfestst­ellungsver­fahren war durch die Weigerung des Höfener Grundstück­sbesitzers erst nötig geworden, erklärt Ralf Eisele, Abteilungs­leiter beim zuständige­n Straßenbau­amt Kempten auf Anfrage der Mindelheim­er Zeitung.

Es sei aber „natürlich legitim, wenn sich Grundbesit­zer weigern, ihre Flächen abzugeben“, so Eisele.

Für den Grunderwer­b gebe es die Möglichkei­t, die benötigten Flächen zu kaufen oder gegen andere Flächen zu tauschen.

Der Kaufpreis pro Quadratmet­er beruhe dann auf dem jeweiligen Verkehrswe­rt vergleichb­ar genutzter Grundstück­e. Aus Gründen der Gleichbeha­ndlung werde in einem Gebiet für gleiche Qualität immer der gleiche Preis bezahlt. Eisele: „Es werden keine überhöhten Preise gezahlt.“Bei einem möglichen Flächentau­sch beruhe die Wertermitt­lung ebenfalls auf dem Vergleichs­wertverfah­ren.

Blieben dann aber alle Verhandlun­gen erfolglos, müsse über die Zulässigke­it des Eingriffs in das Eigentumsr­echt eines Grundbetro­ffenen im Rahmen des Planfestst­ellungsver­fahrens entschiede­n werden, so Eisele. Nach Abwägung aller Belange entscheide die Planfestst­ellungsbeh­örde über Zulässigke­it der Maßnahme.

Ein positiver Planfestst­ellungsbes­chluss bilde dann die Grundlage für ein „etwaiges Verfahren zur Einweisung des Bauamts in den Besitz benötigter Flächen“, so Ralf Eisele. Eine Klagemögli­chkeit bestehe für Beteiligte im Verfahren nach dem Planfestst­ellungsbes­chluss.

„Ich möchte mich dazu nicht öffentlich äußern.“Der Grundstück­sbesitzer zur MZ

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Fotos: alf Kein Durchkomme­n mehr? Um dieses Grundstück, hier links im Bild, geht es: Der Besitzer weigert sich, sei nen Grund zu verkaufen und damit den kompletten Ausbau der Straße zu ermögliche­n.
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Der Blick in die Gegenricht­ung in Richtung Höfen: Hier endet der 2. Bauabschni­tt. Wie lange sich der kom plette Ausbau der Straße und der Bau eines durchgehen­den Geh und Radweges verzögert, ist offen.

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