Der Reitsport kostet richtig Geld
Wie sehr im Leistungssport der wirtschaftliche Profit zählt, zeigt seit Jahren das Gehaltsgefüge in Top-Sportarten wie Fußball, Eishockey oder Basketball. Es zieht die Spieler grundsätzlich zu jenem Verein, der am meisten zahlt. Weniger euphorisch sehen viele Stars der Szene dann schon den Einsatz in ihrer Nationalmannschaft, wo es bei WM- oder EM-Turnieren außer Ruhm und Ehre höchstens noch eine kleine Sondergratifikation gibt. Rein finanziell lohnt sich das für einen Nationalspieler nicht wirklich. Dazu kommt das Risiko, verletzt zu werden.
Neu ist jetzt, dass diese Entwicklung erstmals auch im Reitsport durchschlägt – und zwar noch deutlicher, als das bisher im Eishockey oder Basketball zu erleben war. Waren Ruhm, Ehre und eine Sondergratifikation für die besten deutschen Kaderreiter bisher genug, um bei internationalen Championaten zu starten, so hat ausgerechnet der mehrfache Olympiasieger, Weltmeister und Europameister Ludger Beerbaum die bisher gültigen Parameter verändert. Es geht dem Eigentümer der Ludger Beerbaum Stables GmbH in Riesenbeck einfach um zu viel Geld. Denn sein Angestellter, der gebürtige Jettinger Philipp Weishaupt, kann im September den hoch dotierten Großen Preis von Calgary reiten.
Den hatte Weishaupt im vergangen Jahr gewonnen und damit eine Million kanadische Dollar (rund 670000 Euro) in die Kasse seines Arbeitgebers gespült. Kein Wunder also, dass der Chef nun erneut auf den großen Coup von Calgary hofft. Dass damit gleichzeitig Weishaupts WM-Einsatz für die deutsche Springreiter-Equipe flach fällt, nimmt Ludger Beerbaum mit dem nüchternen Verweis auf die wirtschaftliche Notwendigkeit hin. Denn der Bundestrainer verweigert Weishaupt den WM-Start, weil er ein paar Tage nach dem Calgary-Turnier beim Championat in den USA kein müdes Pferd am Start haben will.
Zu verstehen sind beide Seiten. Der Pferdesport verschlingt Unmengen an Geld, wie es sonst höchstens vielleicht noch die Formel 1 schafft. Die Finanzierung der Pferde, deren Werte locker im sechsstelligen Bereich liegen, ihre Haltung, Ausbildung, die Transportund Tierarztkosten läppern sich. Refinanzieren können Turnierställe das Ganze nur durch Pferdeverkäufe oder die Preisgelder, die in hochklassigen Prüfungen ausgeschüttet werden. Auch wenn es verwundert, dass ausgerechnet ein renommierter Stall wie Beerbaum Stables die wirtschaftliche Notwendigkeit so herausstellt.
Betrüblich ist es allerdings für den Sport, wenn bei Weltmeisterschaften nur noch diejenigen Reiter für Deutschland starten, die gerade keine anderweitigen, lukrativeren Aufgaben vor sich haben.