Arbeiter und Sänger
Über den Liedermacher drehte Andreas Dresen einen berührenden Film
Kaum ein anderer deutscher Regisseur hat sich in seinen Arbeiten derart darum bemüht, das Leben der Menschen in all seiner Widersprüchlichkeit zu erfassen, wie Andreas Dresen. Sein Interesse für Menschen schließt stets deren Fehlverhalten mit ein, um daraus Zuneigung zu ihnen zu entwickeln. Seit zwölf Jahren haben Dresen und seine Drehbuchautorin Laila Stieler am Skript zu „Gundermann“gearbeitet. Gerhard Gundermann war der wichtigste ostdeutsche Liedermacher der Nach-Wende-Zeit. In wunderbar spröder Lyrik brachte er das Lebensgefühl der sich auflösenden Ostdeutschlands auf den Punkt. Es sind Lieder, die einem mit ihrer melancholischen Mischung aus Poesie und Aufrichtigkeit auch heute noch direkt ins Herz fassen.
Dennoch taugt dieser Gundermann nicht zum Helden einer konventionellen Musikerbiografie. Schaut man auf sein kurzes Leben trifft man auf eine Existenz voller Widersprüche: Dass sich ein sensibler Liedermacher als harter Bergbauarbeiter im Lausitzer Braunkohlerevier verdingte, ist schon ungewöhnlich genug. Darüber hinaus war Gundermann überzeugter Kommunist, wurde aber wegen „prinzipieller Eigenwilligkeit“1984 aus der SED ausgeschlossen.
Und dann gibt es noch Gundermann den Spitzel, der als inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit acht Jahre lang ein zuverlässiger Informant war, um danach selbst zum Bespitzelten zu werden. Die Auseinandersetzung mit seiner Stasi-Vergangenheit machen Dresen und Stieler zum Dreh- und Angelpunkt der Erzählung. Alexander Scheer ist – auch musikalisch – hinreißend als Gundermann und bringt die verschiedenen Facetten der Figur zum Leuchten. Auch die linkische Verwegenheit und romantische Beharrlichkeit, mit der Gundermann um die Liebe seines Lebens, um Conny (Anna Unterberger), kämpft.
»Gundermann (2 Std. 7 Min.), Drama, Deutschland 2018
Wertung ★★★★✩