Energiepflanze soll an Boden gewinnen
Die Durchwachsene Silphie soll eine Alternative zu Mais sein. Bauern im Unterallgäu sammeln erste Erfahrungen
Markt Rettenbach/Hausen Es summt und schwirrt in zweieinhalb Metern Höhe über dem leuchtend gelb blühenden Feld. Dieser erste Eindruck bietet sich dem Betrachter an einer Fläche an der Günztalstraße zwischen Gottenau und Markt Rettenbach, die mit der Durchwachsenen Silphie bepflanzt ist. Das Ganze wurzelt im Leader-Projekt „Mehr Vielfalt in der Energielandschaft mit der Durchwachsenen Silphie“. Laut Richard Mair, Vorsitzender des Vereins und Projektträgers „Renergie Allgäu“, soll damit der Einführung einer Energiepflanze der Boden bereitet werden, die sich anstelle von Mais für den Betrieb von Biogas-Anlagen bewähren soll: „Wir wollen eine wirtschaftliche und ökologische Alternative zum Mais aufzeigen.“
Mair betont, dass es auch darum geht, den Landwirt als Energiewirt und Landschaftspfleger zu sehen und zu etablieren. Die Silphie ist demnach keine Futter- sondern eine reine Energiepflanze. Die Pflanze macht eine dauerhafte Kultur mit rund 15 Erntejahren möglich. Der Landwirt braucht in dieser Zeit das Feld nicht jedes Jahr aufzubrechen und eine neue Aussaat aufzubringen. „Das spart auf die Dauer beträchtliche Arbeit und Kosten“, sagt Mair. Beim Ertrag geht er davon aus, dass die Silphie fast so viel Erntemasse bringt wie der Maisanbau. Anhand des diesjährigen Sommers sei zu erkennen, dass der neugepflanzten Energiepflanze auch Trockenheitsperioden nichts ausmachen. Die Silphie stehe hoch und dicht und weise demnach eine beachtliche Widerstandsfähigkeit auf.
Verglichen mit Mais hat die Silphie laut Mair entscheidende Vorzüge. Das Gewächs mit der gelben Blüte ist bei Bienen und Insekten sehr beliebt. Dafür kann Mair als Beleg sogar eine Kostprobe anbieten: Er hat Silphien-Honig mitgebracht. Die Pflanze punktet nach seinen Worten auch als gute Bienenweide und Lebensraum für Insekten und Wildtiere. Durch die ganzjährige Bodenabdeckung und ein gut ausgebildetes Wurzelwerk, das bis zu zwei Meter in die Tiefe reicht, soll gegen Bodenerosion, Bodenverdichtung und Auswaschungen ins Grundwasser vorgebeugt werden. Die Auswaschung von Nitrat kenne man bei der Silphie nicht – die Pflanze wirke im Gegenteil sogar förderlich auf den Aufbau von Humus.
Für Landwirt Günther Hartmann aus Ungerhausen besteht ein zentraler Vorteil darin, dass er das Feld aufgrund des geringen Pflegeaufwands nicht ständig anfahren muss. Bei der Bewirtschaftung von weiter entfernt liegenden Ackerflächen bedeute dies eine große Arbeitserleichterung. Im vergangenen Jahr hat er die Pflanze ausgesät, bis zum Herbst hatte sie eine Höhe von 30 Zentimetern. Nun reichen die dicht stehenden Pflanzen zweieinhalb bis drei Meter in die Höhe. Ende August sollen sie erstmals geerntet werden.
Auch zwischen Mattsies und Hausen blüht ein Silphien-Feld. Es gehört zum Viehweidhof der Familie Kerler in Hausen. Auch hier steht die Pflanze jetzt im zweiten Jahr und überall summt und brummt es. Neben Bienen sind auch Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge, das Landkärtchen oder der kleine Feuerfalter unterwegs.
Renate Kerler sagt, dass die Pflanze als Silage zwar nicht als Viehfutter tauge, weil sie zu hart und faserig ist. Doch in der Biogasanlage funktioniere die Silphie gut.
Die Stängellänge auf dem Feld variiert zwischen etwa zwei Meter und fast vier Meter Höhe. Teilweise sind die Pflanzen niedergebogen, was wohl auch auf die anhaltende Trockenheit zurückzuführen ist. Ansonsten hat die Durchwachsene Silphie im Gegensatz zu anderen Ackerpflanzen kaum unter der Hitze gelitten. Aber auch lang anhaltende Regenphasen machen der robusten Pflanze nichts aus“, betont Renate Kerler.
Laut Dr. Ludwig Merk, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Mindelheim, wird die Durchwachsene Silphie in Bayern bereits auf 500 Hektar Fläche angebaut.
Der Mais werde bleiben, so der Behördenleiter, doch künftig soll es nach seinen Worten eine bunte Mischung geben. Einen Nachteil der Silphie sieht er darin, dass sie bei Sturm oder Gewitter gefährdet ist, und bei Hagel oder Starkregen umgeknickt oder auf den Boden gedrückt werden kann. Dafür, fügt Leader-Projektleiter Uwe Kießling an, sei die Pflanze sehr schädlingsresistent. Für gutes Wachstum und hohen Ertrag muss die Silphie gedüngt werden.
Ein Plus ist laut Kießling auch, dass es Unkraut wegen des dichten Wachstums bei der Silphie schwer hat. Und nicht zuletzt, bemerkt Besucherin Magdalena Stedele, bieten die leuchtend gelben Blüten den Spaziergängern etwas fürs Auge.
Die Pflanzen sind bis zu vier Meter hoch und werden Ende August geerntet