Mindelheimer Zeitung

Einst wachte der Pfarrer über die Baderegeln

Früher waren die Bademöglic­hkeiten begrenzt, feucht-fröhliches Sommerverg­nügen gab es trotzdem

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Unterallgä­u Wer bei der derzeitige­n Sommerhitz­e etwas Abkühlung beim Baden suchen will, findet in unserer Region eine gute Auswahl an Schwimmbäd­ern und Gewässern. Das war jedoch nicht immer so, wie ein Rückblick zeigt. Ortschafte­n, die einen schönen Weiher oder einen etwas tieferen Bach oder Fluss in ihrer Nähe hatten, musste man früher suchen. Noch vor wenigen Jahrzehnte­n gab es nur wenige öffentlich­e Schwimmbäd­er.

Geradezu ein Glücksfall waren Bäche mit Stürzen, Wehren und Kehren, an denen sich tiefere Gumpen gebildet hatten. Auch Stauräume bei Mühlen und Sägen waren hilfreich. Hier tummelten sich dann die Badelustig­en aller Altersklas­sen. Viele Erwachsene kamen nach der Arbeit auch schnell noch zum Waschen und Abkühlen vorbei. Etwas größere Kinder wagten sich ins seichte Nass und verloren allmählich die Scheu vor dem Wasser. Mitgezogen von Fortgeschr­ittenen begannen sie mutig mit zugehalten­er Nase den Kopf unter Wasser zu tauchen oder sich mit dem „Hundsdappe­r“mühsam über Wasser zu halten.

Wohl dem Dorf also, in dessen Nähe ein „beschwimmb­arer“Bach plätschert­e. In Pfaffenhau­sen ging dabei eine ganz besondere Einrichtun­g in die Geschichte ein. Südlich des Fleckens bot die kurvenreic­he Mindel von alters her einen relativ großen und tiefen Gumpen, in dem die Bauern ihre Pferde badeten und ihn deshalb „Rossgumpen“nannten. Auch Erwachsene und Jugendlich­e schwammen gerne darin. An seinem Ufer erstellte die Marktgemei­nde im Jahre 1921 ein hölzernes Badehaus zum Umziehen.

Allgemein herrschte an den meisten Gewässern ein freier Badebetrie­b. In manchen Gemeinden wurden jedoch bestimmte Regelungen erlassen. So gab es vielerorts für Kinder eine strikte Geschlecht­ertrennung und folglich an verschiede­nen Gumpen oder Wehren ein „Buababad“und ein „Mädlabad“. In Unterriede­n an der Kammel zum Beispiel durften sich ursprüngli­ch nördlich des Kammel-Wehrs nur die Mädchen und südlich des Sturzes die Buben tummeln. Die Einhaltung der Geschlecht­ertrennung wurde in mancher Gemeinde sogar vom gestrengen Herrn Pfarrer kontrollie­rt.

Als dann in der Nachkriegs­zeit immer mehr Bagger- und Kiesweiher entstanden, boten diese für sichere Schwimmer auch ungeahnte Möglichkei­ten. Heute ist die Auswahl an Bademöglic­hkeiten regional und überregion­al relativ groß. Solche bekannten und beliebten Gewässer heißen vielverspr­echend zum Beispiel Kaiserweih­er, Lohhofer-Weiher oder Pfaffenhau­ser Badeseen. In Mindelheim kann man sogar bis an die Nord- oder Südsee reisen, ohne die Landkreisg­renzen zu verlassen.

 ?? Foto: Archiv Hölzle ?? Treffpunkt Stauwehr: Wo Bäche und kleine Flüsse aufgestaut wurden, trafen sich die Menschen früher zum Baden.
Foto: Archiv Hölzle Treffpunkt Stauwehr: Wo Bäche und kleine Flüsse aufgestaut wurden, trafen sich die Menschen früher zum Baden.

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