Was beim Videobeweis falsch läuft
Nach dem ersten Bundesliga-Spieltag ist der Ärger schon wieder groß. Und das, obwohl im Vorfeld technisch nachgebessert wurde. Was sich nun ändern muss
Augsburg Die Bundesliga hat einen neuen alten Aufreger: den Videobeweis. Selbst der Videoprojekt-Leiter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Jochen Drees, gab zu: „Es sind einige Sachen einfach nicht gut gelaufen.“
Was ist passiert?
Als stellvertretend für viele andere Fehler gilt das Spiel zwischen Wolfsburg und Schalke (2:1). Schiedsrichter Patrick Ittrich wurde während der Partie zweimal durch den Video-Assistenten korrigiert. Zuerst gab er Schalkes Verteidiger Nastasic für ein Foul Gelb, änderte dann auf Rot. Einen Platzverweis und danach nur Gelb erhielt der Wolfsburger Weghorst. Bei einem Elfmeterpfiff zeigte Ittrich dem VfL-Spieler Brooks irrtümlich zuerst Rot statt Gelb. Am Ende von 90 Minuten, in denen er die Kontrolle über die Begegnung verloren und sich ein Wortgefecht mit SchalkeTrainer Tedesco geliefert hatte, gab Ittrich zu: „Ich habe selten so ein emotionales Spiel erlebt.“ Was ist schiefgelaufen?
Der Video-Assistent schaltete sich schlichtweg zu oft ins Geschehen ein. Und das, obwohl die Entscheidungen von Schiedsrichter Ittrich allesamt keine glasklaren Fehlentscheidungen waren – nur bei offenkundigen Fehlern sollte die Technik eigentlich zum Einsatz kommen. Unterstützung bekam Ittrich vom Manager des unterlegenen FC Schalke 04, Christian Heidel. Der sagte: „Mir hat der Schiedsrichter heute leidgetan, Köln hat die Konfusion reingebracht.“
Wann darf sich der Video-Assistent überhaupt melden?
Laut Regelwerk ist das genauso wie in der vergangenen Saison nur in vier Fällen erlaubt:
● Wenn einem Tor eine Fehlentscheidung voraus geht.
● Bei offenkundig falschen Elfmeterentscheidungen.
● Bei unberechtigten oder übersehenen Platzverweisen.
● Bei Spielerverwechslungen. Diese eigentlich klare Grenze wird aber immer wieder überschritten. Manuel Baum, Trainer des FC Augsburg, beklagte im FußballTalk am Sonntagabend, dass während des Spiels des FCA in Düsseldorf schon belanglose Handspielentscheidungen nochmals überprüft worden seien.
Was hat sich beim Video-Assistenten vor der Bundesliga-Saison geändert?
Künftig soll nun für die Zuschauer in Bundesliga-Stadien und am TV klar ersichtlich sein, warum jeweils der Videobeweis zum Einsatz kommt. Anhand von Textblöcken, die als Einspieler auf den StadionLeinwänden und bei den TV-Übertragungen eingeblendet werden, sollen die Entscheidungen transparenter werden. Damit folgt die Bundesliga dem Vorbild bei der Fußball-Weltmeisterschaft, bei der die Technik mehrheitlich für gut befunden wurde. Neu ist zudem ein Funksystem, mit dem sich die Referees problemlos miteinander verständigen können. In der vergangenen Saison hatte in der Kommunikation Probleme gegeben. Außerdem wird der Videobeweis für die 2. Bundesliga geprobt – allerdings nur im „Offline-Modus“. Bedeutet: Die Schiedsrichter werden geschult, einen Einfluss auf das Geschehen haben sie nicht. Zum Ende der Saison wird entscheiden, ob die Technik auch in Liga zwei kommt.
Was muss sich nun ändern? Lutz-Michael Fröhlich, der Schiedsrichter-Chef des DFB, hatte betont, dass die Suche nach Fehlern „nicht mehr detektivisch geführt“werden soll. Diese Linie wurde überschritten und muss wieder eingehalten werden.
Was sagen die Experten? Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge forderte die Gründung einer Expertengruppe, damit „endlich professionell gearbeitet wird“. Bayern-Präsident Uli Hoeneß beklagte den Einsatz der Technik als „Slapstick“. Der deutsche WM-Rekordschiedsrichter Markus Merk twitterte zum Videobeweis: „So umgesetzt macht er das Spiel nicht gerechter, sondern willkürlicher und zerstört es. Wer nicht versteht, dass er Assistent ist, ist für den Job ungeeignet. Tiefpunkt!“