„Den Rockstar spiele ich nur“
Seine Songs erreichen ihn im Schlaf und ohne lange Rastalocken spürt er keine Vibrations: Lenny Kravitz über seine Frauen und seinen Opa
Kümmern Sie sich insgesamt gut um Ihren Körper?
Lenny Kravitz: Ich tue, was ich kann, um gesund zu bleiben. Ich achte auf gute Nahrung für Geist, Seele und Körper. Ich koche nicht sehr oft, aber wenn, dann gibt es das, was gerade im Garten wächst, ich versuche mich so lokal und saisonal wie möglich zu ernähren. Und ich verbringe viel Zeit im Bett, das entspannt mich.
Haben Sie ein schönes Bett in Ihrer Luxushütte auf der Bahamas-Insel Eleuthera?
Kravitz: Ich finde mein Bett jedenfalls toll. Es ist sehr, sehr bequem. Aber oft liege ich nur da, ich schlafe gar nicht so viel. Ich denke im Bett oft nach, dann schlafe ich zwei Stunden, werde wach und denke weiter. Wirklich durchgeschlafen habe ich ewig schon nicht mehr.
In „Always Be Inside Your Soul“hört man das Meeresrauschen. Ist das echt? Kravitz: Nein, das ist ein alter MoogSynthesizer, der genauso klingt wie der Ozean. Dieses „Whooosshh“, einfach herrlich, das ist vielleicht mein Lieblingssound überhaupt. Und in der Tat höre ich das Meer von meinem Bett aus. Ich lebe am Strand und bin in ein paar Schritten vom Schlafzimmer im Wasser. Um kreativ zu sein, gibt es für mich keinen besseren Ort als den Ozean.
Es heißt, Sie haben Ihr neues Album „Raise Vibration“quasi im Traum komponiert. Wie geht das?
Kravitz: Ich höre meine Songs im Traum. Das passiert einfach ohne mein Zutun. Es ist fast ein bisschen magisch. Dann wache ich auf, es ist warm und gemütlich, und ich muss mich zwingen, aufzustehen, richtig wach zu werden und die Idee oder Melodie festzuhalten. Neben dem Bett liegen ein Zettel und ein Aufnahmegerät, manchmal raffe ich mich auch auf und gehe direkt ins Studio nebenan.
Das Leben ist kurz. Motiviert Sie das? Kravitz: Das Leben ist kurz. Zu kurz. Ich habe schon so viele Menschen verloren – meine Mutter, meinen Vater, meine Großeltern. Auch junge Menschen. Gerade in den letzten Jahren sind viele meiner Freunde von uns gegangen, das hat mich wirklich erschüttert und wachgerüttelt. Besonders der Tod von Prince war ein monumentaler Schock für mich. Er hat mich veranlasst, noch härter zu arbeiten, noch mehr zu geben, noch bewusster zu leben und zu denken. Kravitz: Ja, wir standen uns nah. Seine Präsenz war eine ganz besondere. Prince ist gegenwärtig auf diesem Album, so wie auch Michael Jackson, dessen Gesangssample ich in „Low“einsetze.
An Prince erinnert das trockene 80iesFunkstück „Who Really Are The Monsters?“Sie hören sich wütend an in dem Song. Worum geht es da? Kravitz: Um Krieg und Frieden. Wenn ich schon diese Militärparaden im Fernsehen sehe, einfach nur ekelhaft. So nach dem Motto „Ich habe die größten Bomben“. Mein Gott, was ist denn das für ein lächerlicher Schwanzvergleich? Kann sein, dass Hippies seit Jahren belächelt wurden, aber ich bin überzeugt: Sie erleben jetzt eine Renaissance. Die Weltanschauung der 1968er war lange nicht mehr so relevant und wichtig wie momentan. Ich finde es auch klasse, dass die jungen Leute wieder aufstehen, protestieren und sagen
„Genug mit dieser Scheiße“.
Wie stellen Sie sich den 80 Jahre alten Lenny Kravitz vor? Kravitz: Ich möchte so sein wie mein Opa. Der ist mit 90 noch Fahrrad gefahren. Er rannte, schwamm und fuhr Rollschuh, er hing am liebsten mit Jugendlichen ab, er ging tanzen. Großvater war 80, als er überhaupt erst gelernt hat, auf Rollschuhen zu laufen. Er musste mit neun schon der Mann der Familie sein, weil sein Vater starb und er das Älteste der vier Kinder war. Er hatte also keine richtige Kindheit, er musste arbeiten und Geld verdienen. Aber er hat immer vom Rollerskaten geträumt. Irgendwann lieh ich ihm meine Rollschuhe, und wir gingen in New York zur Skaterbahn. Stundenlang übte er, bis er es konnte.
Ihre Locken sind jetzt wieder gewachsen. Warum hatten Sie sich die Haare überhaupt abgeschnitten?
Kravitz: Wegen der „Hunger Games“-Filme, in denen ich mitspielte. Ich glaubte danach, dass mir die kurzen Haare mehr Möglichkeiten für weitere Filmrollen geben würden. Aber ich spürte, dass ich die Dreadlocks wieder brauche.