Was tun, wenn ein Kollege dauernd nervt?
Natürlich kommt in einem Team nicht jeder mit jedem gut aus. Das wird aber zum Problem, wenn einer ständig lästert, sich mit fremden Lorbeeren schmückt oder Arbeit verweigert. Experten sagen, was in solchen Fällen hilft
Berlin Es gibt berufliche Teams, in denen geht es friedlich zu – in anderen fliegen immer wieder die Fetzen. Denn die Arbeit dreht sich oft nicht nur um die Erledigung von Aufgaben und Projekten, sondern auch um das Zwischenmenschliche. Dass nicht zwischen allen Menschen Sympathie herrscht, ist klar. Doch es ist ein schmaler Grat zwischen Nerverei und echtem Fehlverhalten. „Die Grenze ist überschritten, wenn einer sich auf Kosten der anderen profiliert oder durchsetzt: Zum Beispiel schnappt er sich beim Urlaub immer die Brückentage oder schreibt sich Arbeiten auf seine Fahnen, während er den Anteil des Teams verschweigt“, sagt Martin Wehrle, Karriereberater und Autor des Ratgebers „Der Klügere denkt nach“.
Die gute Nachricht ist: „Nervige Kollegen kann man in der Regel stoppen“, sagt der Diplom-Psychologe Jörg Berger, der ein Buch über „Stachelige Persönlichkeiten“geschrieben hat. „Dazu muss man sich über die Höflichkeitsregeln hinwegsetzen und jemanden einfach unterbrechen, wenn er unaufhörlich redet.“Nervige Kollegen gehen nicht in die Eskalation, sondern lassen sich korrigieren, sagt er. Anders sieht das bei Querulanten aus: „Sie fahren erst richtig hoch, wenn man ihnen eine Grenze setzt, und kämpfen zäh darum, dass ihr Fehlverhalten toleriert wird.“Wehrle rät, Quertreiber zur Rede zu stellen, „nach Möglichkeit nicht allein, sondern mit anderen“. Der Gruppendruck und das Gespräch darüber, wie die ungeschriebenen Regeln der Zusammenarbeit aussehen, können sie wieder auf Kurs bringen.
Schwieriger wird es, wenn Kollegen lästern, mobben, Ideen klauen und sich vor Aufgaben drücken. Der Managementberater Johannes Thönneßen rät, solche Querulanten neutral anzusprechen und zu sagen, was man beobachtet hat: „Der andere sollte verstehen, wo das Problem liegt und warum mich das ärgert.“Oft wird ein schwieriger Kollege durch eine solche Ansprache überrascht – und ist wider Erwarten zum Gespräch bereit.
Psychologe Berger rät, den wunden Punkt von schwierigen Kollegen herauszufinden: „Wer sich zum Beispiel drückt, hat meist Angst vor Überforderung. Wer lästert, rea- giert auf eine Situation, die er als ungerecht empfindet.“Manchmal genüge eine kleine Unterstützung, und die schwierigen Verhaltensweisen hören vorerst auf. „Ängstlichen Kollegen kann man Verantwortung in kleinen Portionen übertragen“, sagt Berger. Denjenigen, die sensibel auf Ungerechtigkeit reagieren, sollte man viel Transparenz und Mitbestimmung einräumen. Auch Wehrle plädiert für die direkte Ansprache: „Wenn jemand schlampig arbeitet, ist es die beste Methode, seine Fehler nicht auszubügeln, sondern sie zurück auf seinen Schreibtisch oder seine Werkbank zu delegieren – bis die Qualität stimmt.“
Wenn jemand hingegen mobbt, ist es nach Wehrles Worten wichtig, dass sich der Chef hinter das Opfer stellt. „Der Mobber muss merken: Nicht das Opfer büßt seinen Ruf ein, sondern er selbst.“
Allerdings muss nicht bei allen Ärgernissen sofort der Chef eingeschaltet werden. „Faire Konfliktführung beginnt mit dem sanftesten Mittel“, sagt Berger. „Das kann eine sachliche Bitte sein oder ein offenes Gespräch unter vier Augen.“Nutzt ein solches Gespräch nichts, können sich in einem zweiten Schritt mehrere Teammitglieder zusammentun, so Wehrle. Der nächste Schritt besteht laut Berger in der Ankündigung von Konsequenzen, falls sich nichts ändert. Erst wenn das alles zu nichts führt, sollte man den Vorgesetzten hinzuziehen. „Aber das sollte man vorher ankündigen“, betont Thönneßen.
Besonders schwierig ist es mit Kollegen, die sich in einem Unternehmen unkündbar fühlen oder es sind. Laut Wehrle hilft auch in diesem Fall sozialer Druck: „Man muss dem Kollegen deutlich machen, dass er als Teil der Gemeinschaft auch Pflichten hat – und dass er, wenn er die nicht erfüllt, unten durch ist.“