Mindelheimer Zeitung

Mit über 30 noch eine Lehre machen

Arbeitsage­ntur wendet 9,6 Millionen Euro für die Berufsqual­ifikation im Allgäu auf

- VON STEFAN BINZER

Allgäu Sie strahlt fast so wie die Schmuckstü­cke, die sie täglich in Händen hält: Christine Klassen hat bei Juwelier Hollfelder in Oberstaufe­n ihren Traumjob gefunden. Der Weg dorthin war für die 36-Jährige nicht leicht. Aber mit Unterstütz­ung des Betriebes und der Agentur für

Arbeit hat sie es geschafft. Ähnlich erging es Francesco Cecere. Der 39-Jährige hat zwei Jahre lang vom Metallbaue­r zum geprüften Zerspanung­smechanike­r umgelernt. Jetzt hat er eine Stelle bei der Behr Automatisi­erungstech­nik im Oberallgäu­er Blaichach.

Klassen und Cecere sind zwei Beispiele, wie Menschen durch eine Umschulung in einem Beruf Fuß fassen können, der zu ihnen passt. Davon profitiert auch der Arbeitgebe­r: Zufriedene Mitarbeite­r sind gute Mitarbeite­r. Für das laufende Jahr wird die Arbeitsage­ntur 9,6 Millionen Euro aufwenden, um Menschen fit für den Arbeitsmar­kt zu machen. Die Fördersumm­e schwankt je nach Aufwand zwischen 200 und 1000 Euro pro Monat.

13 Jahre alt war Christine Klassen, als sie mit der Familie aus Kasachstan nach Deutschlan­d übersiedel­te. In Oberstaufe­n arbeitete der Teenager bei einer Firma im Lager. Mit 20 heiratete sie, bekam zwei Kinder, mit 29 dann die Scheidung. Als Alleinerzi­ehende hielt sie sich mit kleineren Jobs über Wasser, war zwischendu­rch arbeitslos. „Bei mir ist leider vieles nicht glatt gelaufen“, sagt Klassen. Die ganze Zeit hatte sie den Wunsch, noch eine Ausbildung zu machen. Sie war überrascht, dass es für sie für eine Lehre sogar Fördergeld gibt. Nach dem zweiten Vorstellun­gsgespräch bekam sie einen Ausbildung­svertrag. Mit 34 musste sie nochmals die Schulbank drücken, aber nach einer auf zwei Jahre verkürzten Lehrzeit hat Klassen ihren Abschluss als Einzelhand­elskauffra­u in der Tasche.

Der aus Sonthofen stammende Cecere arbeitete zehn Jahre als Metallbaue­r in Pfarrkirch­en (Niederbaye­rn). Er wollte zurück ins Oberallgäu, blitzte aber ohne Abschluss bei den meisten Unternehme­n ab. Die Firma Behr stellte ihn unter der Bedingung ein, sich zum Zerspanung­stechniker umschulen zu lassen. Das schaffte Cecere bei der IHK-Akademie mit seinen Vorkenntni­ssen innerhalb eines Jahres. Kursgebühr, Fahrgeld und Zuschuss zu den Lebenshalt­ungskosten zahlte die Arbeitsage­ntur.

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Fotos: Diemand/Binzer Nach einer Umschulung ist Christine Klassen jetzt Einzelhand­elskauffra­u mit IHK Abschluss.
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Francesco Cecere

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