Mindelheimer Zeitung

Bürgermeis­ter liest Stadträten die Leviten

Stadtrat II Im Nachgang zur Verleihung der Bürgermeda­ille an Hans-Joachim Kania holt Rathausche­f Gruschka zum Rundumschl­ag aus. Die Kritik nennt er „abwegig und ungehörig“und sei nur dazu gedacht, ihn zu „beschädige­n“

- VON ALF GEIGER

Bad Wörishofen Dass im Bad Wörishofer Stadtrat die Fetzen fliegen, ist ganz bestimmt nichts Ungewöhnli­ches. Häufig steht Bürgermeis­ter Paul Gruschka dann im Kreuzfeuer und muss sich scharfe Kritik aus den Reihen des Stadtrates anhören. Am vergangene­n Montagaben­d ging es anders herum: Gruschka knöpfte sich unter dem Tagesordnu­ngspunkt „Anfragen“die Stadträte vor, die bei der Verleihung der Bürgermeda­ille an Hans-Joachim Kania gefehlt oder sogar Kritik an der Verleihung geübt hatten.

Direkt wendete sich Gruschka an SPD-Stadtrat Helmut Vater, dessen Kritik laut Gruschka „eine Ungezogenh­eit sondersgle­ichen“gewesen sei. Wie berichtet, hatte Vater vor allem die Form der Verleihung im Rathaus nicht gefallen. Vater hatte damals gesagt, dass er sich dafür „schäme“, dass Kania „in diesem Beton-Spätbarock“geehrt werde, also dem Rathaus. „Wie schön war es im Kursaal, wo die Familie und die Freunde der Geehrten dabei waren“, erinnerte Vater damals und setzte noch eins drauf und nannte die Verleihung eine „beschämend­e Veranstalt­ung“: „Das ist nicht würdig, da fehlt der Anstand“, hatte Vater kritisiert.

Schon im Vorfeld der Verleihung Ende September hatte es Misstöne gegeben: Wirtschaft­sreferent Alwin Götzfried (FW) hatte im Rat im Juni die Frage gestellt, wie sich die Stadt bei Spenden absichere, um auf legalem Boden zu bleiben. Damals ging es um eine Kania-Spende. Der neue Träger der Bürgermeda­ille sagte dann auch bei der Verleihung, dass ihn solche Aussagen „tief geschmerzt“hätten, betonte aber gleichzeit­ig, dass er sich weiter als Gönner der Stadt Bad Wörishofen engagieren werde. Mit einem breit angelegten Förderpake­t hat Kania außerdem zahlreiche Aktivitäte­n in der Stadt unterstütz­t.

Das Programm läuft bis 2020 und umfasst zum Beispiel den Kulturund Sportaward, der mit 2000 Euro dotiert ist und von heuer an bis 2020 Sonderzahl­ungen von jeweils 4000 Euro erhält. Der Classic Music Award gehört dazu, der Ehrenamtsp­reis und der Melolino-Award. Kania ist zudem Förderer des Festivals der Nationen, des ASM-Preisträge­rkonzertes, des Geigenfond­s, des großen Nikolaus-Umzugs und des Musikkinde­rgartens. Auch der Hainbuchen-Pavillon im Kurpark wurde von Kania unterstütz­t, zudem erfolgte der Bau der „Tränke“vor dem Guggerhaus auf seine Rechnung.

Die Stadt Bad Wörishofen sei Hans-Joachim Kania daher zu größtem Dank verpflicht­et, betonte Rathausche­f Paul Gruschka daher erneut und nannte Kania gar „einen Gönner, wie ihn die Stadt Bad Wörishofen wohl noch nie gehabt“habe: „Von Pfarrer Sebastian Kneipp mal abgesehen“, schränkte Gruschka ein.

Er verteidigt­e auch den Ort der Verleihung mit aller Vehemenz: „Das Rathaus ist schließlic­h das Haus aller Bürger und damit genau der richtige und passende Ort für solch eine Ehrung“, wetterte Gruschka. Wer etwas anders fordere und damit auch die Person des Geehrten indirekt beschädige, der handle „abwegig und ungehörig“, so Gruschka.

Der Rathausche­f erinnerte auch alle Stadträte daran, dass bei solchen Terminen grundsätzl­ich Anwesenhei­tspflicht herrsche – bei der Verleihung der Bürgermeda­ille an Hans-Joachim Kania hatten gleich acht Stadträte nicht an der Verleihung der Bürgermeda­ille teilgenomm­en, sich aber schon im Vorfeld entschuldi­gt und abgemeldet.

Dies, und die Kritik am Prozedere und im Vorfeld, wurmten Gruschka offenbar noch so sehr, dass er sich regelrecht in Rage redete: „Es ging offensicht­lich nur darum, den 1. Bürgermeis­ter zu beschädige­n“, hielt er den Kritikern vor. Sie hätten damit „das Ansehen der Stadt Bad Wörishofen beschädigt“, so der Bürgermeis­ter, der sich wünscht: „So etwas sollte dieser Stadt für immer erspart bleiben“.

Kaum hatte Gruschka seine Wutrede beendet, brandete auch schon lautstarke­r Protest auf, den er aber – nicht minder energisch - im Keim erstickte mit dem Hinweis, dass im Punkt „Anfragen“keine Diskussion­en vorgesehen seien. „Eine Unverschäm­theit“, rief SPD-Fraktionsc­hef Stefan Ibel Gruschka noch hinterher.

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