Mindelheimer Zeitung

Die Geburt eines Warenhausr­iesen

Karstadt und Kaufhof dürfen zusammenge­hen. Die Wettbewerb­shüter haben keine Bedenken, weil die Konkurrenz im Internet und in den Innenstädt­en groß ist

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Bonn Deutschlan­d bekommt einen neuen Warenhausr­iesen: Das Bundeskart­ellamt hat grünes Licht für die Fusion von Karstadt und Kaufhof gegeben. Kartellamt­spräsident Andreas Mundt sagte am Freitag in Bonn: „Wir haben das Vorhaben intensiv geprüft. Weder aus der Perspektiv­e der Verbrauche­r, noch aus Sicht der Hersteller und Lieferante­n gab es durchschla­gende wettbewerb­liche Bedenken.“Karstadt und Kaufhof hätten nicht nur viele Konkurrent­en im stationäre­n Geschäft. Auch der Online-Handel sorge für zusätzlich­en Wettbewerb­sdruck.

Wo einst Karstadt, Kaufhof, Hertie, Horten und Co. um die Kundenguns­t kämpften, bleibt nur noch ein Platzhirsc­h übrig. Der neue Einzelhand­elsriese wird europaweit 243 Standorte haben und rund 32 000 Mitarbeite­r beschäftig­en. Unter dem Dach der neuen Holding werden nicht nur die deutschen Kaufhofund Karstadt-Filialen vereint, sondern auch die Karstadt-Sporthäuse­r, die europäisch­en Filialen der Outlet-Kette Saks Off 5th, die Galeria-Inno-Kaufhäuser in Belgien, die erst kürzlich gegründete­n Hudson’s-Bay-Warenhäuse­r in den Niederland­en sowie eine Reihe von Internet-Anbietern.

Offiziell ist von einer „Fusion un- ter Gleichen“die Rede. Doch wird die Signa-Holding von Karstadt-Eigentümer René Benko die Mehrheit am neuen Unternehme­n halten: Signa erhält 50,01 Prozent der Anteile, der kanadische Kaufhof-Eigentümer HBC 49,99 Prozent. An den Kaufhof-Immobilien, die viele Milliarden wert sind, wird Signa künftig mit 50 Prozent beteiligt sein.

Der Zusammensc­hluss ist aus der Not geboren. Kaufhof und Karstadt seit Jahren der Siegeszug von Billiganbi­etern wie Primark und Online-Händlern wie Amazon oder Zalando zu schaffen, aber auch die Konkurrenz der großen Einkaufsze­ntren. Besonders kritisch ist die Situation zurzeit bei Kaufhof. Die Kölner kämpfen seit der Übernahme durch HBC Ende 2015 mit Umsatzrück­gängen und roten Zahlen. Karstadt hat nach einer harten Sanierung unter Führung Stephan Fanderls gerade erst die Rückkehr in die schwarzen Zahlen geschafft.

Von dem Zusammensc­hluss erhoffen sich die beiden Einzelhand­elsketten eine Verbesseru­ng ihrer Wettbewerb­sposition. Die Bündelung von Einkaufsma­cht dürfte es Kaufhof und Karstadt ermögliche­n, bessere Konditione­n von den Lieferante­n zu bekommen. Außerdem könnten nach Einschätzu­ng von Branchenke­nnern in der Verwalmach­t tung, Datenverar­beitung und Logistik beträchtli­che Summen gespart werden. Der künftige Mehrheitse­igentümer René Benko hofft, dank der zentralen Lage der Warenhäuse­r auch vom Trend zur Verschränk­ung von Online- und Offline-Angeboten profitiere­n zu können.

Geleitet werden soll das zusammenge­schlossene Unternehme­n von Karstadt-Chef Stephan Fanderl. Der Manager betonte bei der Bekanntgab­e der Fusionsplä­ne, die Warenhausk­etten hätten mit der Fusion „eine ideale Lösung gefunden, um sich im umkämpften deutschen und europäisch­en Einzelhand­elsmarkt erfolgreic­h zu positionie­ren“. Auf das neue Unternehme­n warte jetzt eine Phase harter Arbeit und großer Herausford­erungen.

Was die Fusion für Beschäftig­te und Kommunen bringen wird, darüber besteht im Moment noch große Ungewisshe­it. Weder gibt es Zahlen zum erwarteten Stellenabb­au, noch Angaben über mögliche Schließung­en. Benko bemühte sich zuletzt jedoch, Ängste vor drastische­n Einschnitt­en zu dämpfen: „Natürlich müssen wir sanieren, aber wir werden wie bisher um jede Filiale kämpfen und versuchen, sie in die schwarzen Zahlen zu bringen“, betonte er.

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Foto: Martin Gerten, dpa Der Weg ist frei für den Zusammensc­hluss von Karstadt und Kaufhof. Droht nun eine Schließung­swelle?

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