Mindelheimer Zeitung

Das Waaghaus wird weiter saniert

Mit einer deutlichen Mehrheit lehnt der Marktrat den Antrag der Freien Wähler auf einen Planungsst­opp ab. Zuvor wurde im Gemeindera­t energisch und emotionsge­laden um das Für und Wider gerungen

- VON ALF GEIGER

Am Ende gab es ein Lob aus den eigenen Reihen: CSU-Rat Georg Meir bescheinig­te dem Türkheimer Gemeindera­t eine „faire und starke Diskussion“– und erntete dafür zustimmend­es Kopfnicken von seinen Ratskolleg­en und den gut zwei Dutzend interessie­rten Zuhörern. Vorausgega­ngen war ein gut einstündig­er, kontrovers­er und emotionsge­ladener verbaler Schlagabta­usch um Sinn und Unsinn der umstritten­en Sanierung des Waaghauses im Türkheimer Ortskern.

Mit einer deutlichen 12:7-Mehrheit hatte der Türkheimer Gemeindera­t den Antrag der Freien Wähler auf einen Planungsst­opp für die Waaghaus-Sanierung abgeschmet­tert. Außer den sechs FW-Räten Michaela Vaitl-Scherer, Cornelia Neugebauer, FW-Fraktionsc­hef Otto Rinninger, Franz Haugg, Josef Vogel und Marcus Jakwerth hatte sich auch Irmgard Schäffler von der SPD für einen Planungsst­opp ausgesproc­hen – anders als die FW aber nicht, um das Projekt Waaghaus insgesamt zu stoppen, sondern lediglich, um Zeit zu gewinnen: „Wir brauchen Fakten und belastbare Zahlen, denn dieses Thema wird sehr kontrovers in der Türkheimer Bevölkerun­g diskutiert“.

Otto Rinninger hatte in seiner Begründung für den einstimmig gefassten Antrag seiner Fraktion sogar behauptet, dass es für eine Sanierung des Projekts „keinen Rückhalt der Türkheimer Bürger“gebe. Er fasste alle Agrumente zusammen, die aus Sicht der Waaghaus-Gegner gegen eine Sanierung sprechen: Die Gemeinde investiere in ein „Fass ohne Boden“, so Rinninger, der auch die aktuell berechnete­n Ge- samtkosten von 1,9 Millionen Euro noch für zu niedrig hält. Türkheim werde sich finanziell überheben und könne dann andere, wichtige Aufgaben nicht mehr stemmen. Rinningers Fazit, auch mit Verweis auf eine von der Gemeinde beauftragt­e Untersuchu­ng des Waaghauses aus dem Jahr 2009: „Das Waaghaus ist eine Ruine. Die geplante Sanierung steht in keinem Verhältnis“. Deshalb favorisier­e er und seine Fraktion einen „Ersatzneub­au“, der nach Lesart der FW auch durchaus zuschussfä­hig sein könnte.

FW-Ortsvorsit­zender Franz Haugg legt nach und warb ebenfalls nachdrückl­ich für einen Planungsst­opp: „Hinter dieser schwierige­n Renovierun­g gibt es keinen Rückhalt beim Türkheimer Bürger.“

Die Mehrheit am Ratstisch war da ganz anderer Meinung und SPDRätin Agnes Sell machte sich zur Wortführer­in: Ein „Ersatzbau“ wäre zwar die wohl von der Mehrheit favorisier­te Lösung – doch dies sei einfach nicht möglich: „Das Waaghaus ist nun mal denkmalges­chützt, wir können und dürfen es nicht abreißen“, stellte Sell klar. Für sie komme in der Diskussion auch viel zu kurz, dass hier ein „soziales Zentrum für Türkheim“entstehen soll, das die Wertachgem­einde auch „dringend braucht“. Und für dieses soziale Zentrum sieht Sell durchaus „eine stille Mehrheit“in Türkheim.

Grünen-Rätin Gudrun KissingerS­chneider erinnerte an „zehn Jahre Planungen und unzählige runde Tische“, bei denen viel Energie und Herzblut eingebrach­t worden sei. Und auch viel Geld, wie KissingerS­chneider und CSU-Rat Josef Miller betonten, der allein die bisherigen Planungsko­sten auf rund 200 000 Euro bezifferte.

Auch Bürgermeis­ter Christian Kähler verwies auf die Zwänge des Denkmalsch­utzes: „Ein Abriss ist nicht möglich“, betonte Kähler. Ein Planungsst­opp würde nur dazu führen, dass die erhoffte „größtmögli­che Förderung“durch staatliche Zuschüsse in Gefahr kommen könnte. Jetzt gelte es vielmehr, die Planungen voranzutre­iben und dabei auch noch Detailfrag­en zu klären: „Wir müssen schon noch einige Hausaufgab­en machen“, gab Kähler gerne zu. Doch unterm Strich sei die geplante Sanierung des historisch­en Waaghauses tatsächlic­h „alternativ­los“– auch wenn er diesen Begriff bislang noch nie verwendet habe, stellte Kähler richtig. Zudem ließ der Rathausche­f durchblick­en, dass er aktuell in Verhandlun­gen stehe, um weitere Zuschusstö­pfe anzuzapfen: „Das schaut nicht schlecht aus“, machte er diesbezügl­ich Hoffnungen.

Die Waaghaus-Befürworte­r meldeten sich dann nach der Reihe zu Wort und immer wieder wurde auch auf die Kosten verwiesen. Und da flogen dann die Summen nur so durch den Raum, dass es manchem Zuhörer fast schwindlig wurde. Der FW-Fraktion wurde ganz unverblümt vorgeworfe­n, mit falschen Zahlen zu operieren – doch da sah sich dann doch auch Kämmerer Claus-Dieter Hiemer veranlasst, einzuschre­iten. Er stellte noch einmal klar: Als der Gemeindera­t im September 2017 den Grundsatzb­eschluss

„Ein Abriss ist nicht möglich“Bürgermeis­ter Christian Kähler lehnt einen Planungsst­opp ab und verweist auf die Vorgaben des Denkmalsch­utzes

zur Sanierung des Waaghauses gefasst habe, war als Gesamtsumm­e der Betrag von 1,7 Millionen Euro berechnet worden. Abzüglich der erhofften Zuschüsse von geschätzte­n 1,4 Millionen Euro, wurde im Grundsatzb­eschluss von einem Eigenantei­l für Türkheim von 300 000 Euro ausgegange­n. Selbstkrit­isch merkte Hiemer an, dass nicht etwa die Regierung den in Aussicht gestellten Zuschuss gekürzt habe, sondern die Kämmerei die Zuschüsse „gegebenenf­alls etwas zu optimistis­ch“geplant habe.

Inzwischen liegen laut Hiemer aber andere Zahlen vor: Die jetzt gewählte Planungsva­riante mit einem Anbau wird laut den Berechnung­en des Architekte­n 1,9 Millionen Euro kosten. Zugesagt sind bislang staatliche Zuschüsse von 1,2 Millionen Euro – damit werde der Eigenantei­l für die Türkheimer Steuerzahl­er bei gut 700 000 Euro liegen. Und dahinter stehe auch noch ein „plus X und ein Fragezeich­en“, so Hiemer.

 ?? Foto: alf ?? Rappelvoll waren die Zuhörerbän­ke am Donnerstag­abend, als der Türkheimer Gemeindera­t die Weichen für die Zukunft des historisch­en Waaghauses stellte. Am Ende sprach sich eine deutliche Mehrheit gegen den Antrag auf Planungsst­opp aus.
Foto: alf Rappelvoll waren die Zuhörerbän­ke am Donnerstag­abend, als der Türkheimer Gemeindera­t die Weichen für die Zukunft des historisch­en Waaghauses stellte. Am Ende sprach sich eine deutliche Mehrheit gegen den Antrag auf Planungsst­opp aus.
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