Geld statt Liebe
Es ist das Pech der späten Geburt: All jene Außergewöhnlichkeiten, die geleistet werden, hat früher schon mal ein anderer geschafft. Vielleicht sogar eleganter oder müheloser. Welch Geschrei wahrscheinlich, als sich der erste UrMensch in den aufrechten Gang begab. Heute verdrücken gerade noch Mama und Papa ein Tränchen, wenn Baby seine ersten Schritte geht. Wie immer: Was für das Leben im Allgemeinen gilt, gilt für den Sport im Speziellen.
Alexander Zverev, über den Sie auf ein Porträt finden, hat gerade eines der wichtigsten Tennisturniere gewonnen. Er darf sich Weltmeister nennen. Sportinteressierte nehmen das zur Kenntnis. Der 17-jährigste Leimener aller Zeiten hingegen wurde einst zum Nationalheiligen erklärt, weil er die Filzkugel erfolgreich über das Netz schlug. Einen wie Boris Becker wird es nicht mehr geben. Zverev aber ist trotzdem einer der besten Tennisspieler dieses Planeten. Er hat gerade innerhalb von zwei Tagen Roger Federer und Novak Djokovic bezwungen. Zverev ist erst 21 Jahre alt. Anders als beispielsweise im Fußball gilt man damit auf dem Court noch als Nachwuchsspieler.
Der Deutsche wird nie mit der majestätischen Eleganz eines Federers die Plätze beherrschen. Ihm fehlt das Showtalent von Djokovic und der unbedingte Wille eines Rafael Nadal. Umso höher ist sein Erfolg einzuschätzen. Um die Großen des Sports vom Thron zu stoßen, hat sich Zverev auf Ivan Lendl als Trainer eingelassen. Dereinst war der Beckers großer Rivale. Zum Vergnügen stand Lendl nie auf dem Platz. Das hat sich auch als Coach nicht geändert.
Zverev macht viel für den Erfolg. Die Herzen der Fans aber werden ihm in Deutschland auch dann nicht zufliegen, wenn er erstmals ein Grand-Slam-Turnier gewinnt. Die Deutschen haben kein großes Interesse mehr am Tennis, was auch daran zu erkennen ist, dass meist Spartensender die Turniere übertragen. Hierzulande jubeln die Fans lieber der Biathletin Laura Dahlmeier zu. Oder den Skispringern. Gemessen an den Aktiven: Randsportarten. Zverev ist – ebenso übrigens wie Angelique Kerber – einer der Besten in einer Massensportart. Enthusiastische Fans gibt es deswegen nicht. Dafür Millionen-Preisgelder. Auch nicht schlecht.