Kopftuch ist tabu
Österreich Die Regierung will die Verhüllung an Volksschulen verbieten
Wien Kopftücher und Turbane sollen ab dem nächsten Schuljahr in Österreichs Volksschulen verboten werden. Den entsprechenden Gesetzentwurf haben die Koalitionsfraktionen ÖVP und FPÖ vorgelegt. Das Verbot könnte allerdings gegen das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Religionsfreiheit verstoßen. Doch die rechtskonservative Regierung ist einmal mehr bereit, die rechtlichen Grenzen ihrer Politik auszutesten.
„Weltanschaulich oder religiös geprägte Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“werde untersagt, heißt es im Gesetzentwurf. Dieses Verbot diene „der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten“. Nach Aussagen des Vorsitzenden der FPÖ-Fraktion, Walter Rosenkranz, soll die Regelung auch für den Turban, aber nicht für die jüdische Kippa gelten. Wenn es nach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache geht, soll das Kopftuchverbot mittelfristig auch an den Universitäten eingeführt werden.
Verstoßen Kinder ab dem Schuljahr 2019/20 gegen das Kopftuchverbot, muss die jeweilige Schulleitung laut Gesetzentwurf die Schuldirektion verständigen. Sie wird die Eltern des Mädchens kurzfristig zu einem verpflichtenden Gespräch vorladen. Wenn das Kind danach weiter mit „verhülltem“Haupt in die Schule kommt, sollen Geldstrafen bis zu 440 Euro oder Freiheitsstrafen bis zu zwei Wochen für die Eltern fällig werden.
Da sowohl das Grundrecht auf Religionsfreiheit als auch das Elternrecht durch das neue Gesetz berührt werden könnten, müsste eigentlich die Verfassung geändert werden. Dafür haben ÖVP und FPÖ allein allerdings keine ausreichende Mehrheit, da die Sozialdemokraten und die liberalen NEOS ihre Zustimmung verweigern. Die Oppositionsparteien fordern dafür eine Gegenleistung der Regierung, beispielsweise mehr Geld für Sprachlehrer und Sozialarbeiter an Schulen. Genau das hat das Parlament in dieser Woche mit den Stimmen der Opposition für Kindergärten einstimmig beschlossen. Parallel zum Kopftuchverbot wurden mehr Sprachförderung, erweiterte Öffnungszeiten und ein Gratis-Kindergartenjahr ausgehandelt. Aus Sicht der SPÖ war das akzeptabel, weil in Kindergärten Mädchen mit Kopftüchern die Ausnahme sind. Auch an Schulen handelt es sich eher um ein Randproblem.
ÖVP und FPÖ sind fest entschlossen, ihren Wählern zu demonstrieren, wie unnachgiebig sie die heimischen Werte verteidigen. Dafür sind sie bereit zu riskieren, dass der Verfassungsgerichtshof das Gesetz kassiert. Unklar ist auch, ob der Gesetzentwurf vor dem Europäische Gerichtshof Bestand haben wird.