Weniger spenden ihre Organe
Bundesweit nehmen die Zahlen dagegen zu
München Die Aufrufe zur Organspende scheinen in Bayern nicht zu fruchten. Während bundesweit die Zahl der Organspenden zunimmt, ist die Zahl der Organspender im Freistaat rückläufig. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres wurden nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums 109 Toten Organe entnommen, das waren 15 Organspender weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum.
„Zwar steht eine große Mehrheit der Bevölkerung der Organspende grundsätzlich positiv gegenüber, aber es besitzt nur rund ein Drittel der Deutschen einen Organspendeausweis“, sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) anlässlich des 14. Jahreskongresses der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), der bis Freitag in Frankfurt am Main lief. Ein Organspender könne bis zu sieben Menschenleben retten. Allein in Bayern warteten über 1400 Menschen auf ein Spenderorgan.
Um die Situation zu verbessern, hat das Gesundheitsministerium mit der DSO Regionalkonferenzen für Transplantationsbeauftragte und Intensivpflegepersonal organisiert. Außerdem soll in Bayern ein „Bündnis Organspende Bayern“mit etwa 60 Institutionen aus Politik, Kirchen, Wirtschaft und Gesellschaft „eine Kultur der Organspende“etablieren. Auf der Homepage des bayerischen Gesundheitsministeriums gibt es unter dem Titel „Keine Ausreden! Entscheide Dich jetzt“eine Aufklärungskampagne.
Ferner gibt es eine Debatte, ob in Deutschland von der freiwilligen Organspende zur sogenannten Widerspruchslösung gewechselt wird, wonach jeder automatisch Organspender ist, der dem nicht zu Lebzeiten widerspricht. Bei der doppelten Widerspruchslösung werden zudem
Wird der Leichnam zu einem gesellschaftlichen Gut?
die Angehörigen gefragt. „Niemand soll unter Druck gesetzt werden. Denn bei der Organspende handelt es sich um ein sensibles Thema, das Ängste auslösen kann“, sagte Huml. Die doppelte Widerspruchslösung ermögliche jedem, über seine Position zu entscheiden.
Kritik an der Widerspruchslösung äußert Thomas Sternberg. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) sprach sich am Freitag dagegen aus. Das geltende Recht sieht ja die ausdrückliche Zustimmung etwa mithilfe eines Organspendeausweises vor. „Die Frage, ob dies geändert werden sollte, verlangt eine schwierige Abwägung, für die sich unsere Gesellschaft und das Parlament ausreichend Zeit nehmen sollten“, mahnte Sternberg. Bei dem Gedanken an eine Organentnahme ohne ausdrückliche Einwilligung empfinde er jedoch ein „Unbehagen“, sagt er. „Würde der menschliche Leichnam nicht durch den Tod dann zu einer Sache, zu einem gesellschaftlichen Gut, über das man verfügen kann? Und gebietet nicht der Respekt vor der Würde auch der verstorbenen Person, dass ihr Körper ohne explizite Einwilligung unangetastet bleibt?“