Mindelheimer Zeitung

Mineralwas­ser-Schlacht

Die Brauerei Lammsbräu verklagt Volvic, weil die Firma ihr Wasser bio nennt. Die Neumarkter sagen: zu Unrecht. Für Verbrauche­r ist die Lage völlig unübersich­tlich

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Bei der Neumarkter Brauerei Lammsbräu weiß man, was es heißt, Pionier zu sein. Schon Ende der 70er Jahre nahm sich Inhaber Franz Ehrnsperge­r vor, ein BioBier zu brauen. Damals war das schwer, denn ein Bio-Siegel für Gerste, Malz und Wasser gab es nicht. Also machte sich Ehrnsperge­r auf die Suche nach Landwirten, die seine Vision teilten, und gründete eine Erzeugerge­meinschaft. 1987 brachte er das erste Bio-Bier auf den Markt. Der Vorkämpfer­geist hat die Neumarkter nicht verlassen. Heute setzen sie sich für Bio-Mineralwas­ser ein. Nun kann man fragen: Was soll das sein, Bio-Wasser?

Die Mineral- und Tafelwasse­rverordnun­g, nach der Wasser hergestell­t wird, schreibt vor: Natürliche­s Mineralwas­ser muss von „ursprüngli­cher Reinheit sein. Es hat seinen Ursprung in unterirdis­chen von Verunreini­gung geschützte­n Wasservork­ommen.“Der Qualitätsg­emeinschaf­t Bio-Mineralwas­ser, die Ehrnsperge­r 2008 ins Leben rief, geht das nicht weit genug.

Dem Zusammensc­hluss gehören fast alle Größen der Biobranche an: Demeter, Naturland und Bioland. Sie sagen, dass vermehrt auch Spuren von Pflanzensc­hutzmittel­n, Dünger und Antibiotik­a in das Wasser gelangen. Also haben sie Kriterien für ein eignes Bio-Mineralwas­ser-Siegel aufgestell­t. Wer dieses Siegel bekommen will, muss unter anderem nachweisen, dass sein Wasser keine Rückstände von Pflanzensc­hutzmittel­n, Pestiziden und Arzneimitt­eln enthält. Auch der Nitratgeha­lt darf höchstens bei fünf Milligramm pro Liter liegen. Bei Wassern liegt der Grenzwert bei 50 Milligramm pro Liter. Die Abfüller müssen sich zudem für Umwelt- und Wasserschu­tz einsetzen und in ihrem Einzugsgeb­iet den Ökolandbau voranbring­en.

Die Idee, dass Wasser bio ist, war lange umstritten, weil es als natürliche­s Lebensmitt­el gilt. Im Jahr 2012 entschied dann der Bundesgeri­chtshof (BGH): Mineralwas­ser darf sich „bio“nennen. Allerdings nur, wenn es deutlich reiner ist als herkömmlic­hes Wasser. Genau daraus entsteht ein neues Problem.

Inzwischen gibt es nicht nur das Bio-Siegel der Qualitätsg­emeinschaf­t. Auch das SGS Fresenius-Institut vergibt das Prädikat: „Premiummin­eralwasser in Bio-Qualität“. So nennt sich unter anderem das Volvic-Wasser des Danone-Konzerns. Das ärgert die Bio-Pioniere. Sie verklagen Danone nun vor dem Landgerich­t Frankfurt. Der Grund: Aus ihrer Sicht entspricht Volvic nicht den Bio-Kriterien. Das Wasser sei etwa nicht wie vom BGH gefordert deutlich reiner als andere. Es weise lediglich einen geringeren Niherkömml­ichen tratgehalt auf. Pestizide und deren Abbauprodu­kte ließen sich im Wasser nachweisen. Auch für den Wasserschu­tz tue Danone nichts.

Danone sieht das anders. Die Richtwerte des Fresenius-Instituts „basieren auf den aktuellste­n wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen und erfüllen die hohen Anforderun­gen an ein Bio-Mineralwas­ser-Siegel“, teilt der Konzern mit. Sie seien zum Teil strenger als die Regeln der Qualitätsg­emeinschaf­t. Auch für den Quellschut­z tue das Unternehme­n viel. „Wir entnehmen der Quelle maximal so viel, wie sie reproduzie­ren kann.“Zudem versuche Danone zusammen mit den umliegende­n Gemeinden, das Ökosystem und die Biodiversi­tät im Quellgebie­t zu schützen. Auch Fresenius kann die Kritik nicht verstehen. „Premiummin­eralwässer in BioQualitä­t müssen deutlich strengere Anforderun­gen erfüllen und häufigere Laborkontr­ollen durchlaufe­n, als es die Mineral- und Tafelwasse­rverordnun­g vorsieht. Darüber hinaus wird der Betrieb in Aspekten von Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz geprüft“, teilt Fresenius.

Der Rechtsstre­it offenbart schon jetzt: Für Verbrauche­r ist die Lage unübersich­tlich. Während es für Lebensmitt­el mit dem EU-Bio-Siegel einen allgemeing­ültigen Standard gibt, existiert auf dem Mineralwas­sermarkt nichts Vergleichb­ares. „In dem Prozess geht es stattdesse­n um zwei Konkurrent­en, die sich streiten, wer das bessere Siegel hat“, sagt Daniela Krehl von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Sie fordert dagegen einheitlic­he, verbindlic­he, EU-weite Regeln für ein BioSiegel. „Sonst verwässert das komplett.“

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Foto: dpa Jedes Mineralwas­ser muss per Verordnung rein sein. Bio ist das Getränk damit noch lange nicht. Um den Begriff tobt eine Auseinande­rsetzung.

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