Mindelheimer Zeitung

Die Preise steigen und fallen im Stundentak­t

Online-Handel Worauf man beim Shoppen im Internet achten sollte, um nicht zu teuer einzukaufe­n

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Potsdam Dass Preise schwanken, kennt man aus dem Saisongesc­häft im Handel: Im Sommer sind Bikinis teurer, außerhalb der Saison gibt es dicke Rabatte. Im Online-Handel werden Preise aber meist viel kurzfristi­ger angepasst. Die Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g hat über 1000 Produktpre­ise bei 16 deutschen Onlinehänd­lern untersucht. Das verblüffen­de Ergebnis: Die sogenannte dynamische Preisdiffe­renzierung ist gängige Strategie im Online-Handel. „37 Prozent der Artikelpre­ise änderten sich innerhalb eines Monats“, erklärt Verbrauche­rschützeri­n Kirsti Dautzenber­g. Abhängig seien die Preise etwa von der Konkurrenz.

Wie häufig und in welchem Ausmaß die Preise schwanken, ist sehr unterschie­dlich: 60 Prozent der Preise wurden ein bis drei Mal innerhalb der beobachtet­en 34 Tage verändert. Im Extremfall änderten sich Preise nahezu täglich. Einzelne Artikel variierten dabei bis zu 105 Prozent zum mittleren Produktpre­is.

Neben den von den Verbrauche­rschützern untersucht­en deutschen Unternehme­n wie Zalando, Obi oder Mediamarkt trifft man auch an anderer Stelle auf schwankend­e Preise: „Dynamische Preisgesta­ltung mit Algorithme­n betreiben vor allem größere Online-Händler, allen voran der Platzhirsc­h Amazon“, sagt Daniel Pöhler vom Verbrauche­rportal „Finanztip.de“. Ebenfalls weitverbre­itet sei der Mechanismu­s in der Reisebranc­he. Die einfachste Form der Preisanpas­sung richte sich dabei nach Tageszeit, Wochentag oder Saison, erklärt Pöhler. Diese Preise würden allen Kunden gleich angezeigt. Um an einen möglichst fairen Preis zu kommen, rät Pöhler eher unter der Woche als am Wochenende zu kaufen oder zu buchen. Und: Wer früh dran sei, kaufe oft günstiger. „Aber nicht immer“, schränkt Pöhler ein. „Bei Produkten und Leistungen, die noch zurückgege­ben oder storniert werden können, kann sich ein zweiter Preisvergl­eich zu einem späteren Zeitpunkt lohnen.“

Problemati­sch sei dagegen, wenn Kunden unterschie­dliche Preise angezeigt bekommen. Dann versuche ein Algorithmu­s, nach bestimmten Merkmalen zu unterschei­den. „Die Regeln dahinter sind ein großes Geheimnis der Branche“, meint Tobias Weidemann vom Digitalmag­azin t3n. So würden etwa iPhone-Besitzer tendenziel­l als zahlungskr­äftiger eingeschät­zt und Nutzern von Preissuchm­aschinen würde unterstell­t, dass sie besonders preissensi­tiv sind. „Wer also auf einen Shop über die Preissuchm­aschine kommt, könnte günstigere Preise finden“, sagt er.

Online-Shops werteten aber auch Besuchsver­läufe von Nutzern aus und könnten theoretisc­h den Preis für den jeweiligen Nutzer anpassen, sagt Weidemann. Über die Kombinatio­n von Merkmalen wie IPAdresse, Browser, Add-ons und Computerei­nstellunge­n sind Besucher relativ gut identifizi­erbar. „Wenn sich jemand immer hochpreisi­ge Waren angeschaut hat, geht man davon aus, dass dieser Kunde besonders zahlungskr­äftig ist“, sagt er. Unklar sei aber, was es bringt, einen Artikel in den Warenkorb zu legen und dort einige Tage zu lassen. „Einige Händler nehmen dann an, dass der Kunde besonders kaufwillig und damit bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen“, sagt Weidemann. Andere machten vielleicht ein besonders günstiges Angebot, um den Kunden zum Kauf zu bewegen.

„Generell gilt: Je größer ein Händler ist, desto eher hat er die Datenfülle, um solche Spielchen mitzumache­n“, sagt Weidemann. Möglich werde all das mit Tools, die

So schützen Sie Ihre persönlich­en Daten

eine Vielzahl von Daten und Zugriffen auswerten und die Preise in Echtzeit anpassen – unter ständiger Berücksich­tigung der Konkurrenz.

Um Händlern möglichst wenig Daten an die Hand zu geben, ist es beim Online-Shopping sinnvoll, den Browser so einzustell­en, dass Cookies und der Seiten-Besuchsver­lauf spätestens beim Schließen gelöscht werden. Noch besser ist es im Zweifel, wenn diese Daten gar nicht erst gespeicher­t werden. Wer die Gefahr reduzieren möchte, zu viel zu zahlen, sollte tendenziel­l eher über PC oder Notebook einkaufen, rät Pöhler. Denn: „Auf dem Smartphone sind die Preise in seltenen Fällen höher – oder teurere Angebote erscheinen weiter oben.“

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Foto: dpa Vergleiche­n lohnt sich: Online schwanken die Preise oft stärker und schneller als im Laden.

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