„Grüß Gott an alle“
Der Finne Söderholm stellt sich als Bundestrainer vor. DEB-Chef Reindl hatte sich davor umgehört und wunderte sich, „dass man vom Toni nichts Schlechtes gehört hat“
München Der neue Bandenchef hat Humor. Wie lange denn sein Vertrag läuft, wird Toni Söderholm bei seiner Vorstellung gestern gefragt. „Bis die was anderes sagen“, antwortet der gebürtige Finne und deutet in Richtung des Präsidenten des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), Franz Reindl. Schon in seiner Begrüßung soll deutlich werden, dass in der Kabine der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft weiterhin deutsch gesprochen wird. Mit einem freundlichen „Grüß Gott an alle“leitet der 40-Jährige seine Vorstellung als Nachfolger von Marco Sturm gestern Mittag im Münchner Olympiapark ein.
Durch Sturms völlig überraschenden Abgang in die National Hockey League war der Verband kurz vor dem Deutschland Cup Anfang November unter Zugzwang geraten. „Das waren echt stressige Wochen und ich bin froh, dass wir die Personalie jetzt geklärt haben“, sagte Reindl. Der Neue tritt in große Fußstapfen, schließlich feierte Vorgänger bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang mit der Silbermedaille den größten deutschen Eishockey-Erfolg aller Zeiten. Druck verspürt sein Nachfolger deshalb nicht: „Ich bin stolz, dass ich die Verantwortung bekommen habe. Ich will dem deutschen Eishockey meinen eigenen Stempel aufdrücken.“
Obwohl der über 1000-fache NHL-Profi Sturm der weitaus bessere Spieler als Söderholm war, gibt es doch Parallelen. Auch der Neue verfügt nur über wenig Erfahrung hinter der Bande. Nach dem Meistertitel mit dem EHC Red Bull München boten die Oberbayern ihrem Verteidiger einen neuen Vertrag an, aber zu dessen Überraschung nicht als Spieler, sondern als Coach. Der gebürtige Finne aus Kauniainen bei Helsinki erbat sich erst einige Tage Bedenkzeit und schlug dann doch ein. Zuerst assistierte er Meistertrainer Don Jackson. Danach übernahm er den Zweitligisten SC Riessersee, den Ausbildungs-Klub der Münchner in der zweite Liga. Wegen finanzieller Schwierigkeiten trat der Traditionsverein zuletzt nur noch in der Oberliga an, doch Söderholm blieb bei den Werdenfelsern an der Bande.
Ab dem 1. Januar wird der Drittliga-Coach nun Bundestrainer. Mit seiner Frau Annika und den Töchtern Bianca (13) und Lea (6) bleibt er in München wohnen. Mit seinem Vorgänger will er „intensiv Ideen austauschen“. Und ein völlig neues Aufgabenfeld wartet auf ihn. Söderholm muss Kontakt halten zu den deutschen NHL-Profis wie Dominik Kahun von den Chicago Black Hawks, mit dem er in München früher zusammengespielt hat. Aber auch Collegespieler in Nordamerika muss der Neue besuchen.
Die Spielermeinung war dem Verband wichtig, wie Reindl bestätigte. „Die Eishockey-Familie ist ja relativ klein. Selbstverständlich fragt man die Familienmitglieder und vor allem die arrivierten Spiesein ler.“Das Umfrageergebnis verblüffte auch den Eishockey-Chef: „Das hat mich ein bisschen gewundert, dass man vom Toni nichts Schlechtes gehört hat.“
Reindl selbst steht vor einem Neuanfang. In den kommenden vier Wochen will er entscheiden, ob er 2020 Nachfolger von René Fasel werden will. Der Schweizer stellt sich dann nicht mehr zur Wahl als Präsident des Internationalen Eishockey-Verbandes IIHF. Sollte der Plan aufgehen, dürfte der bisherige Sportdirektor Stefan Schaidnagel gute Karten für die Reindl-Nachfolge haben. Der 37-jährige Immenstädter übernimmt viel Verantwortung für die Nationalmannschaft und im DEB. Der Silberheld und Ex-NHL-Verteidiger Christian Ehrhoff soll künftig als Generalmanager seine guten Kontakte nach Nordamerika einbringen.
Doch zunächst tritt am 1. Januar Toni Söderholm seinen neuen Job an. Der Vertrag des Bundestrainers läuft bis nach den Olympischen Winterspielen in Peking 2022. Oder „bis die was anderes sagen“.
Mit seiner Familie wohnt er weiter in München