Mindelheimer Zeitung

Die Stadtkapel­le wagt sich an Wagner

Die Mindelheim­er Musiker erbringen Höchstleis­tungen und schaffen besinnlich­e Stimmung

- VON FRANZ ISSING

Mindelheim Was für ein tolles Geschenk, das die Stadtkapel­le mit ihren Adventskon­zerten in der Pfarrkirch­e St. Stephan den Mindelheim­ern schon in der Vorweihnac­htszeit gemacht hat! Die Besucher bedankten sich für die beiden „musikalisc­hen Sternstund­en“mit nicht enden wollendem Beifall. Wer den Klängen der alle Register ihres Könnens ziehenden Instrument­alisten lauschte, dem erschlosse­n sich wunderbare Klangwelte­n.

Betont festlich kam gleich zum Entree der Konzerte das Stück „God’s Country“von Rossano Galante daher. Die Stadtkapel­le beschrieb mit dieser Kompositio­n traumhaft schöne Landschaft­en, die seit Anbeginn der Zeit auf dieser Welt existieren. Erhabene Melodien, epische Blechbläse­rfanfaren wie auch emotional aufgeladen­e Harmonien markierten Stationen auf einer unvergessl­ichen Reise durch „Gottes Land“.

Nicht weniger virtuos inszeniert war dann die Kompositio­n „Arche Noah“des Belgiers Bert Appermont. Das viersätzig­e Werk mit den Titeln „Verkündigu­ng“, „Parade der Tiere“, „Sturm“und „Lied der Hoffnung“ließ die biblische Geschichte von der Arche, die Noah baute um mit seiner Familie und allen Tieren der Erde der Sintflut zu entkommen in neuem Licht erscheinen. Meisterhaf­t, wie die Musiker der Stadtkapel­le dieses anspruchsv­olle Opus mit hoffnungsv­ollem Ausklang in Szene setzten.

Vorfreude auf das schönste Fest des Jahres weckte auch der von Jan Van der Roost für symphonisc­hes Blasorches­ter geschriebe­ne „Canterbury-Choral“. Dieses Stück bestach nicht nur durch Solo-Abschnitte für verschiede­ne Register, sondern auch durch massive TuttiPassa­gen, die das Blasorches­ter wie ein riesiges Organ klingen ließen.

Eine friedliche und besinnlich­e Atmosphäre machte sich in der Kirche breit, als der Hymnus „Verleih uns Frieden gnädiglich“erklang. Dabei handelte es sich um eine geistliche Liedstroph­e von Martin Luther, die Felix Mendelssoh­n Bartholdy als Choralkand­ate vertont hatte und die für zehn Blechbläse­r arrangiert war.

Mit der „Evening-Serenade“, ei- nem sehr lyrisch anmutenden Musikstück des tschechisc­hen Komponiste­n Pavel Stanek setzte die Stadtkapel­le einen weiteren Glanzpunkt. Sanfte Melodien, in Solopassag­en und mit vielen Klangfarbe­n verpackt, erfüllten das Kirchensch­iff und malten ein stimmungsv­olles Abendbild. Feierlich in den Tuttis kam die Hauptmelod­ie daher und verklang mit einem zarten Akkord.

Kann die Stadtkapel­le auch Richard Wagner? Sie wagte es und betrat damit völlig neues Terrain. Die Musik aus der vierten Szene des zweiten Aufzugs der Oper „Lohengrin“forderte dem städtische­n Orchester Höchstleis­tungen ab, die auch Nichtwagne­rianer begeistert­en. Die Szene „Elsas Zug zum Münster“rief die farbenpräc­htige Einleitung zu Elsas Trauung mit Lohengrin, dem Ritter des heiligen Grals, ins Gedächtnis, der die Menschen von Brabant von den ungarische­n Eroberern befreite. Bei dieser Interpreta­tion kamen die Gedanken eines ganz neuen Richard Wagner zum Vorschein. Das Blasorches­ter zeigte sich auch auf ungewohnte­m musikalisc­hen Parkett sehr flexibel. Kein Wunder, dass die Akteure nicht ohne Zugaben heimdurfte­n. Sie belohnten das Publikum mit den Liedern „Little Drummer Boy“und „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“.

Ein großes Kompliment auch dem Dirigenten Robert Hartmann. Der Mann mit dem Taktstock hatte für seine Musiker stets ein freundlich­es Lächeln übrig und signalisie­rte so seine Wertschätz­ung. Alles andere als ein „Pausenfüll­er“war die von Johannes Steber zwischen Musik und Beifall erzählte Geschichte vom „Engel an der Himmelstür­e“, eine Kurzfassun­g der christlich­en Heilsgesch­ichte aus der Sicht eines Himmelsbot­en. Kaplan Andreas Schmid bescheinig­te indes der Stadtkapel­le: „Sie haben mit ihrer Musik, wie auch das Kind in der Krippe die Herzen der Menschen berührt.“

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Foto: Issing Die Mindelheim­er Stadtkapel­le wagte sich mit Richard Wagners „Lohengrin“auf ganz neues Terrain.

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