Die Stadtkapelle wagt sich an Wagner
Die Mindelheimer Musiker erbringen Höchstleistungen und schaffen besinnliche Stimmung
Mindelheim Was für ein tolles Geschenk, das die Stadtkapelle mit ihren Adventskonzerten in der Pfarrkirche St. Stephan den Mindelheimern schon in der Vorweihnachtszeit gemacht hat! Die Besucher bedankten sich für die beiden „musikalischen Sternstunden“mit nicht enden wollendem Beifall. Wer den Klängen der alle Register ihres Könnens ziehenden Instrumentalisten lauschte, dem erschlossen sich wunderbare Klangwelten.
Betont festlich kam gleich zum Entree der Konzerte das Stück „God’s Country“von Rossano Galante daher. Die Stadtkapelle beschrieb mit dieser Komposition traumhaft schöne Landschaften, die seit Anbeginn der Zeit auf dieser Welt existieren. Erhabene Melodien, epische Blechbläserfanfaren wie auch emotional aufgeladene Harmonien markierten Stationen auf einer unvergesslichen Reise durch „Gottes Land“.
Nicht weniger virtuos inszeniert war dann die Komposition „Arche Noah“des Belgiers Bert Appermont. Das viersätzige Werk mit den Titeln „Verkündigung“, „Parade der Tiere“, „Sturm“und „Lied der Hoffnung“ließ die biblische Geschichte von der Arche, die Noah baute um mit seiner Familie und allen Tieren der Erde der Sintflut zu entkommen in neuem Licht erscheinen. Meisterhaft, wie die Musiker der Stadtkapelle dieses anspruchsvolle Opus mit hoffnungsvollem Ausklang in Szene setzten.
Vorfreude auf das schönste Fest des Jahres weckte auch der von Jan Van der Roost für symphonisches Blasorchester geschriebene „Canterbury-Choral“. Dieses Stück bestach nicht nur durch Solo-Abschnitte für verschiedene Register, sondern auch durch massive TuttiPassagen, die das Blasorchester wie ein riesiges Organ klingen ließen.
Eine friedliche und besinnliche Atmosphäre machte sich in der Kirche breit, als der Hymnus „Verleih uns Frieden gnädiglich“erklang. Dabei handelte es sich um eine geistliche Liedstrophe von Martin Luther, die Felix Mendelssohn Bartholdy als Choralkandate vertont hatte und die für zehn Blechbläser arrangiert war.
Mit der „Evening-Serenade“, ei- nem sehr lyrisch anmutenden Musikstück des tschechischen Komponisten Pavel Stanek setzte die Stadtkapelle einen weiteren Glanzpunkt. Sanfte Melodien, in Solopassagen und mit vielen Klangfarben verpackt, erfüllten das Kirchenschiff und malten ein stimmungsvolles Abendbild. Feierlich in den Tuttis kam die Hauptmelodie daher und verklang mit einem zarten Akkord.
Kann die Stadtkapelle auch Richard Wagner? Sie wagte es und betrat damit völlig neues Terrain. Die Musik aus der vierten Szene des zweiten Aufzugs der Oper „Lohengrin“forderte dem städtischen Orchester Höchstleistungen ab, die auch Nichtwagnerianer begeisterten. Die Szene „Elsas Zug zum Münster“rief die farbenprächtige Einleitung zu Elsas Trauung mit Lohengrin, dem Ritter des heiligen Grals, ins Gedächtnis, der die Menschen von Brabant von den ungarischen Eroberern befreite. Bei dieser Interpretation kamen die Gedanken eines ganz neuen Richard Wagner zum Vorschein. Das Blasorchester zeigte sich auch auf ungewohntem musikalischen Parkett sehr flexibel. Kein Wunder, dass die Akteure nicht ohne Zugaben heimdurften. Sie belohnten das Publikum mit den Liedern „Little Drummer Boy“und „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“.
Ein großes Kompliment auch dem Dirigenten Robert Hartmann. Der Mann mit dem Taktstock hatte für seine Musiker stets ein freundliches Lächeln übrig und signalisierte so seine Wertschätzung. Alles andere als ein „Pausenfüller“war die von Johannes Steber zwischen Musik und Beifall erzählte Geschichte vom „Engel an der Himmelstüre“, eine Kurzfassung der christlichen Heilsgeschichte aus der Sicht eines Himmelsboten. Kaplan Andreas Schmid bescheinigte indes der Stadtkapelle: „Sie haben mit ihrer Musik, wie auch das Kind in der Krippe die Herzen der Menschen berührt.“